Am 7. Dezember beehrten uns ONE OK ROCK in der Kölner Essigfabrik.
Nachdem die fünfköpfige Alternative-Gruppe ONE OK ROCK letztes Jahr bereits ihr Deutschland-Debüt in Bonn spielte, ließen die Jungs es sich nicht nehmen, im Rahmen ihrer “ ONE OK ROCK SOUTH AMERICA/EUROPE TOUR 2014“ einen erneuten Abstecher nach Deutschland zu machen. Am 7. Dezember spielte die Gruppe ihr insgesamt viertes Deutschland-Konzert in der ausverkauften Essigfabrik in Köln. Das Konzert verlief allerdings nicht ganz so, wie es sich einige Fans gewünscht hätten.
Noch in der Schlange vor dem Einlass war die Stimmung super. Knapp 24 Stunden bevor das Konzert anfing, hatten sich bereits die ersten Fans vor der Halle versammelt, um als erste die Band begrüßen zu dürfen. Bis knapp eine Stunde vor Einlass war die Zahl der versammelten Fans noch recht überschaubar, erst kurz vor Einlass begann die Schlange merklich länger zu werden, verständlich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Diese waren wohl auch der Grund dafür, dass die zitternden Fans knapp 45 Minuten vor dem geplanten Einlass in die vergleichsweise kleine Essigfabrik gelassen wurden. Für die VIPs gab es zusätzlich zu einem verfrühten Einlass ein Meet and Greet, ein Foto mit der Band und ein signiertes Tourposter. 30 Minuten später durften dann auch die Besitzer eines normalen Tickets in die Halle.
Der Einlass verlief nahtlos und ohne Probleme, doch leider wurde die Zeit, die durch den zügigen Einlass gespart wurde, an der Garderobe wieder verloren. Das Garderobenpersonal schien selbst mit einer eher geringen Menge von 1.200 Leuten total überfordert. Hingegen machte die Bauweise der Halle, die die Menschen auf eine breite statt auf eine lange Fläche vor der Bühne verteilte, ein Konzert für Fans und Bands gleichermaßen angenehm: Die Bands haben eine breite Bühne und die Fans können von jeder Position aus, weiter vorne und ganz hinten, etwas sehen.
Um 19:00 Uhr, eine Stunde vor geplantem Start, gingen die Lichter in der Halle aus und die erste Vorband begann das Publikum so gut wie möglich aufzuwärmen. Für die Fans vor der Bühne war es sicherlich angenehm, eine Stunde weniger warten zu müssen. Jedoch zog der vorgezogene Zeitplan auch Konsequenzen mit sich, sodass während den Auftritten der beiden Vorbands noch die letzten Leute in die Halle gelassen wurden. Von den Vorbands hatten die wenigsten vorher etwas gehört und ein paar Leute waren umso überraschter, wie gut diese eigentlich spielten. Schade nur, dass sich fast keiner für sie interessierte. Ziemlich weit rechts vor der Bühne hatten sich ein paar Fans zusammengefunden, die ein wenig gesprungen sind, die Gesamtbilanz allerdings bleibt traurig: Zu viele Menschen schenkten den Bands nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdient hätten, und waren mehr mit ihren Smartphones beschäftigt. Schade eigentlich, wo deren Musik doch recht gut war.
Zwei Stunden und zwei Vorbands später war es dann so weit: Der Hauptact ONE OK ROCK war an der Reihe und ganz plötzlich lag ein spannender Flair in der Luft - zusammen mit dem Geschrei der weiblichen Fans, die sich merklich freuten, ihre Idole endlich live sehen zu können. Zuerst trat Tomoya auf die Bühne. Er leitete das Intro ein und spielte ein paar schnelle Takte auf seinem Schlagzeug, bevor Gitarrist Toru und Bassist Ryota auf die Bühne kamen. Knapp zwei Minuten lang spielten sie das Intro, bis sich an dem extrem lauten Aufschreien der Fans feststellen ließ, dass nun auch Sänger Taka die Bühne betreten haben musste. Sehen konnte man ihn schlecht, denn er war hinter einer Wand aus Smartphones versteckt. Fancams sind zwar inzwischen nichts Neues mehr, allerdings gab es bei diesem Konzert doch schon auffällig viele Kameras in der Luft. Vor allem kleinere Fans hatten daher selbst in den vorderen Reihen sehr große Schwierigkeiten, etwas zu sehen. So waren auch die einen oder anderen Konflikte zwischen den Fans während und nach dem Konzert nicht ausgeschlossen.
Nach Takas Begrüßung spielte die Band "Deeper Deeper" als ersten Song. Der Sound war dabei weiter vorne und hinten gleichermaßen großartig. Taka hörte man kristallklar und Ryotas tiefer Bass ging keineswegs zwischen Torus klarem und differenziertem Gitarrenspiel unter. Nur wenige Sekunden nach dem Start gab es dann doch zumindest einen kleinen Moshpit, zur Freude der Metaller. Als nächster Song folgte "Nothing Helps", welchen das Publikum, textsicher wie es war, komplett mitsang. Spätestens bei diesem Song war auch den letzten Fans klargeworden, dass sich Taka im Gegensatz zum Vorjahr sehr verbessert hatte. Seine Höhen klangen jetzt um einiges stabiler und in keiner Weise übersteuert, seine Screams konnte er nun auch gezielter einsetzen und somit kraftvoller zum Ausdruck bringen. Die nächsten beiden Songs waren "Re:make" und
"Clock Strikes", welche die Fans erneut mitsangen. Bei "Re:make" erreichte die Stimmung ihren Höhepunkt und der Sänger schaffte es, das Publikum zu einem Circle Pit zu animieren. Obwohl nun doch etwas Bewegung ins Spiel kam, machte es vielen keinen Spaß. Man konnte sicherlich die Freude der Leute spüren, ONE OK ROCK endlich live zu sehen, allerdings kamen die Leute, die das Konzert besuchten, um die Musik zu genießen und ein wenig Spaß beim Pogen zu haben, kaum auf ihre Kosten. Egal ob beim Hände klatschen, Headbangen oder Moshen, man musste bei vielen Bewegungen aufpassen, dass man die Fans vor sich nicht erwischte. Natürlich gehört es zur guten Étiquette, dass man auf die Leute um sich rum aufpasst, allerdings ist Pogen auf Alternative-Konzerten alles andere als unüblich und gehört einfach dazu. Einige Fans reagierten recht unverschämt auf Headbanger und springende Leute, indem sie eben diese Leute getreten, geschlagen und geschubst haben.
Bei der folgenden Jam Session, die ohne Taka stattfand, kehrte wieder etwas Ruhe ein. Toru ging in die Vollen und zeigte, was er auf der Gitarre so drauf hat. Tomoya versuchte man vergeblich auszumachen, die Nebelmaschinen wurden nämlich erneut angeworfen und hüllten ihn und sein Drumset fast komplett ein, wie schon zu Beginn des Sets. In den mittleren Reihen zumindest, konnte man ihn fast das gesamte Konzert über nicht sehen, was ziemlich schade ist, wo er doch ebenso wichtig für die Band ist, wie die anderen drei Member auch.
Fortlaufend ging die Session also in das Intro von "Mighty Long Fall" über und Taka betrat erneut die Bühne. Bei diesem Song knisterte die Luft am meisten. Man konnte merken, dass einige Fans bloß auf diesen Song gewartet hatten. Taka hatte sichtlich Spaß während dieses Songs und sprang ganz aufgeregt und energiegeladen über die Bühne. Anschließend ergriffen die Fans Eigeninitiative und sangen ein Geburtstagsständchen für Toru und pusteten herzförmige Luftballons auf, die einige engagierte Fans vorher in der Warteschlange verteilt hatten. Nach einem sichtlich gerührtem "Danke schön!" von Toru, der tatsächlich mit den Tränen zu kämpfen hatte, bedankte sich Taka bei den Fans und hielt ein kurzes Pläuschchen, wie toll ihm die Tour bis dato gefallen hat und dass er froh ist, in Europa auf Tour zu sein. Nach einem sehr lauten "I love you!", wiederum gefolgt von viel Geschrei der weiblichen Fans, folgten zwei ruhigere Songs, "Be the Light" und "Decision".
Bei "Be the Light" spielte Toru auf seiner Akustikgitarre und viele Fans hoben ihre Hände und schwangen sie von links nach rechts. Der Moshpit hatte unterdessen eine Pause und selbst die härtesten Fans richteten ihre Aufmerksamkeit komplett auf die Bühne, denn Toru an der Akustikgitarre ist etwas, das man nicht alle Tage sieht. Auch wenn "Decision" ein ruhigerer Song der Band ist, haut er live doch ordentlich rein. Ryota hatte sichtlich Spaß mit dem Song und sprang viel herum, während er mit voller Energie seinen Bass spielte und zwischendurch wild gestikulierte. Taka unterdessen begab sich an die Bühnenfront und animierte das Publikum zu einem Crowdchant. Lauter als er noch sang das Publikum den Text mit und Taka war ebenso überrascht wie die Fans ohne Gehörschutz, wie man an seinem Gesichtsausdruck feststellen konnte. Nach einem lauten "Very good!" übernahm er dann wieder und der Song neigte sich dem Ende entgegen.
Der nächste Song der Setlist war "NO SCARED", welcher mein persönlicher Favorit des Abends war. Die Fans sangen laut mit und Taka war sichtlich beeindruckt davon, wie wild doch der Moshpit war und lies mit seinem "Moshers, keep it going!" verlauten, dass ihm der Anblick gefiel. Nach der Hälfte des Songs, bei der Bridge, passierte etwas, was wohl die meisten Fans überraschte: Einige Fans hatten es tatsächlich geschafft, eine vergleichsweise große Wall of Death aufzubauen. Diese sollte nach Konzert auch das am meisten diskutierte Thema sein. Selbst die Leute, die nichts mit Metal-Konzerten zu tun haben, waren beeindruckt davon, was die härteren Fans dort auf die Beine gestellt haben. "NO SCARED" ging also zu Ende und Taka lies gleich verlauten, zum Leidwesen der Fans, dass nun der letzte Song des Konzerts gespielt werden würde, bei welchem es sich um "The Beginning" handelte. Die Band hatte den Song nicht ohne Grund an das Ende der Liste gesetzt. Dieser entpuppte sich nämlich als absoluter Liebling des Publikums und die Fans sangen ganz aufgelöst und sehr laut mit. Viele Leute drängelten sich nach vorne, denn Taka stieg von der Bühne hinab und hatte seine Hand in die Menge gestreckt, um seinen Fans die Hand zu geben. Die Fans nahmen dieses Angebot natürlich dankend an und schon bald konnte man sogar vereinzelt weinende Fans in der Menge ausmachen, die ihr großes Idol berühren durften. Die Atmosphäre bei diesem letzten Song war einfach großartig und die Band lieferte ihren Fans ein absolutes Gänsehaut-Feeling. Mit einem lauten Knall lief der Songs aus und nach einem "Thank You!" von allen Bandmitgliedern, verließen diese die Bühne.
Zur Zugabe ließen sich die Jungs natürlich nicht lange bitten und huschten schon nach ungefähr einer Minute zurück auf die Bühne, nach den wilden Encore-Rufen der Fans. Die Fans mit den Herz-Luftballons und Toru mit seiner Akustikgitarre ausgestattet, stimmte die Band "Wherever You Are" an. Obwohl es der ruhigste Song des Abends war, kam er sehr gut bei den Fans an und einige holten sogar ihre Feuerzeuge raus. Insgesamt bot dieser Song einen runden Abschluss des Konzerts und eignete sich sehr gut zum Ausklingen, dies ließen selbst die Metalheads nach dem Konzert verlauten. So traten die Fans also ihren Gang zur (abermals überforderten) Garderobe an und machten sich auf den Rückweg nach Hause, total überwältigt von dem Konzert, obwohl es ein relativ kurzes Vergnügen war.
Das Resümee des Konzertes gestaltet sich als schwierig. Insgesamt bleibt leider ein eher negativer Eindruck von ONE OK ROCK. Die Band war in Topform und hat sicherlich auch ihr Bestes gegeben, um das Konzert sehenswert zu machen und den Fans zu gefallen. Die Jungs hatten Spaß, das ist das Wichtigste. Was die Interaktion mit den Fans und den Sound angeht, befand sich das Konzert ebenfalls auf einem sehr hohen Niveau. Fairerweise muss man dazusagen, dass ONE OK ROCK natürlich auch ein sehr großes, weibliches Zielpublikum haben, obwohl sie eine Alternative-Band sind. Des Weiteren war der Altersdurchschnitt des Publikums ziemlich niedrig, viele junge Gäste waren mit ihren Eltern da und der Anteil der kreischenden Mädchen war wesentlich höher, als der der Männer. Im Nachhinein betrachtet ist es so auch kein Wunder, dass auf diesem Konzert, im Vergleich zu anderen Alternative-Konzerten, relativ wenig Bewegung mit im Spiel war.
Was aber definitiv gestört hat, und das nicht nur mich, sondern den Großteil der Fans, war die schlechte Setlist. Viele Fans waren enttäuscht von der kurzen Spielzeit. Schon im Vorfeld hatte sich rumgesprochen, dass die Band wohl nicht allzu lange spielen würde und die meiste Zeit des Abends die Vorbands in Anspruch nehmen würden. Dass die Band allerdings tatsächlich nur 10 Songs auf ihrer normalen Setlist hatte, damit hätte keiner gerechnet (9 richtige Songs und 2 "halbe" Songs mit den beiden Jam Sessions), umso größer war die Enttäuschung. Die meisten Fans hatten eine kleine Abwechslung hinsichtlich Torus Geburtstags erwartet. Mit 90 Minuten Mainact wären die meisten Fans auch zufrieden gewesen, aber bei aller Liebe, 64 Minuten sind einfach viel zu wenig für die 35+ €, die die Fans für ein Ticket bezahlt haben. Außerdem schade war, dass es keinerlei Änderung in der Setlist auf den Konzerten gibt. Für jedes Konzert ihrer Europa-Tour spielen die Jungs die exakt selbe Setlist. Wirklich schlimm ist das zwar nicht, aber bei so einer kurzen Setlist hätte ein wenig Abwechslung sicher nicht geschadet.
Die Länge der Tour scheint nicht nur Auswirkungen auf die Länge der Konzerte zu haben, sondern auch auf die Songauswahl. Dominiert wurde das Konzert von neueren Songs. Bis auf "Wherever You Are" als Encore-Song, befanden sich ausschließlich Songs der letzten beiden Alben auf der Setlist. Den neueren Fans wird das sicherlich nicht so viel ausmachen, aber die Fans der ersten Jahre haben sich doch stark gewundert, dass die Jungs zum Großteil ruhigere, englische Songs gespielt haben. Es lässt sich nachvollziehen, dass sich die Band schonen muss und deshalb nicht die härtesten Songs ausgepackt hat. Nicht nachvollziehen lässt sich aber, dass die Band fast ausschließlich englische Songs gespielt hat. Es lässt sich nur vermuten, dass die Band dem europäischem Publikum gefallen will und deshalb Songs zum Mitsingen aussucht. Fest steht aber, dass fast alle Fans von einer japanischen Band auch japanische Songs hören wollen. Es fehlten ganz einfach die Klassiker, mit denen die Band bekannt geworden ist und für welche die Fans die Jungs so lieben, wie zum Beispiel "Answer is Near", "Kanzen Kankaku Dreamer" oder "C.h.a.o.s.m.y.t.h.".
Insgesamt waren die Jungs zwar in Topform und haben sich selbst so wie das Publikum gleichermaßen unterhalten. Das teils unfreundliche Publikum und die abgespeckte Setlist jedoch hinterlassen einen insgesamt eher negativen Eindruck und lassen das Konzert wirken, als ob es bloß "eines von vielen" gewesen wäre...
SETLIST
01. Intro Jam (ohne Taka)
02. Deeper Deeper
03. Nothing Helps
04. Re:make
05. Clock Strikes
06. Jam Session (ohne Taka)
07. Mighty Long Fall
08. Be the Lighty
09. Decision
10. NO SCARED
11. The Beginning
ENCORE:
12. Wherever you are
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