Wer schon einmal in einem japanischen Livehouse war, kennt das Gefühl: eingeengte Räumlichkeiten, vibrierende Wände, „keine Fotos, bitte“-Schilder und experimentelle, durchgeknallte Musik auf einer eingeschränkten Bühne. Hier sind
RADWIMPS geboren und hierhin sind sie zurückgekommen – auf deutschem Terrain.
In Berlin spielte die in Japan bereits Arenen füllende Alternative Rock Band im Franzz Club der Kulturbrauerei, einem recht übersichtlichen Etablissement, in dem jedoch genau deswegen die richtige Stimmung aufkam. Die etwa 400 Besucher fassende Location war zu einem guten Stück gefüllt, jedoch nicht überfüllt.
Nach einem pünktlichen Start um acht Uhr und einem kurzen Intro stieg die vierköpfige Band gleich in einen ihrer erfolgreichsten Tracks ein:
"DADA“. 2011 mit dem Preis fürs beste Musikvideo ausgestattet, ist dieser Track einer der feurigsten im
RADWIMPS-Repertoire und brachte gleich zu Beginn das Publikum zum Durchstarten. Bei seinem eingängigen Refrain stellte auch das Mitsingen kein Problem dar. Weiter ging es gleich mit einem Titel vom 2006er Album
“Okazu no Gohan“ –
“Gimigimikku“. In diesem etwas ruhigeren Track glänzten die Musiker mit ihren virtuosen Einspielungen. Es folgte mit musikalisch ähnlicher Stimmung
“DARMA GRAND PRIX“, das hierzulande dieses Jahr auf dem Album
“X to O to Tsumi to“ erschienen war. Der etwas Jazz-angehauchte Track glänzte durch längere Instrumentaleinlagen mit improvisatorischem Flair, die die gesamte Virtuosität der Musiker zum Vorschein brachte. Bass, Gitarre sowie Schlagzeug brachten beizeiten spaßige Wechselspiele, in denen Frontman
Noda wie ein Dirigent die Leitung übernahm.
Mit viel Humor moderierten Bassist
Takeda in fast perfektem Deutsch, welches er sich zuvor in einem einmonatigen Kurs in Japan angeeignet hatte, sowie
Noda in perfektem Englisch durch das Konzert. Im Allgemeinen war viel musikalischer Witz während des Konzertes anzutreffen – ob Faxen auf der Bühne, witzige Instrumentaleinlagen oder die Musik an sich. Es zeigte sich, dass sich in
RADWIMPS eine Mischung aus virtuosen, sympathischen und witzigen Menschen mit Liebe zum Detail zusammengefunden hat, die sich jedoch nicht an Kleinigkeiten aufzuhalten scheinen. Dummer
Yamaguchi wurde aufgrund seiner Erkrankung vom 23-jährigen Wunderkind
Mori vertreten, der mit technischem Können und absoluter Leidenschaft auf der Bühne glänzte. (
offizielles Statement zu Yamaguchis Erkrankung)
Weiter ging es mit dem Titel
“05410-(n) (Okoshite)“, dem Track mit dem wohl größten Englisch-Anteil des Abends, gefolgt von
“Enren“, welches trotz seines starken Balladencharakters das Publikum in Bewegung hielt. Mit
“Yayu“ packten
RADWIMPS wieder ihre verspielte Seite aus und feuerten mit Jazz-Reggae Elementen das Publikum weiter an. Ebenso witzig und innovativ war auch
“Iron Bible“, bei welchem Frontman
Noda sein Können am Keyboard zum Besten gab. Mit
“Tummy“, einer Hommage an
Nodas „future baby“, wie er beim Konzert verlauten ließ, mit englischem Refrain und eingängiger Melodie, wurde es wieder etwas ruhiger.
Auch die Zuschauer, die bisher zunächst noch skeptisch gewirkt hatten, kamen bei
“Jikkyou chuukei“ zur Halbzeit nicht mehr drum rum, mitzufeiern. Die Stimmung auf der Bühne selbst war mindestens so gut, wie von der Seite der Zuschauer und man ließ sich immer weiter mitreißen. Die vierköpfige Band brachte ihrer eigenen Musik eine derartige Begeisterung entgegen, dass einem nichts anderes übrig blieb, als mitzufeiern. Eine Verschnaufpause gab es auf dem Konzert nicht - was jedoch auch nicht nötig war und die Stimmung konstant oben hielt.
Mit
“Oshakashama“ und
“Masu。“ ging es gleich mit zwei großartigen Tracks zum Mitfeiern weiter, welche die Fans in Bewegung und Mitsing-Stimmung hielt. Abwechslung folgte durch die Ballade
“Futarigoto“, einem Track mit unvorhersehbaren Melodien und eingängigen, direkten Lyrics. Als man dachte, die Stimmung könne gar nicht mehr besser werden, wurde schließlich der in Europa womöglich bekannteste Track
“Iindesuka?“ angekündigt und mit lautem Klatschen und Singen gefeiert. Wer dachte, dass die Sprachbarriere beim Mitsingen ein Problem darstellen würde, wurde spätestens hier widerlegt – zwar möge hier auch der japanische Besucheranteil eine Rolle gespielt haben, doch auch die europäischen Fans hatten kaum Probleme, zumindest den Refrain mitzusingen.
Der Titel
“Last Virgin“ brachte mit einer ruhigen Lichtshow das Publikum in Feuerzeug- Laune, was jedoch kein lang anhaltender Zustand bleiben solle. Mit
“Kimi to Hitsuji to Ao“ wurde gleich wieder durchgestartet und schließlich der letzte Track
“Kaishin No Ichigeki“ angekündigt, ein ebenfalls zackiger Track vom neusten Album der Band. Als sich die reguläre Setliste nun dem Ende zugeneigt hatte, wurde nach Verlassen der Bandmitglieder von der Bühne lautstark um Zugabe gebeten, bis dies zu einem gemeinsamen Singen von
RADWIMPS' Debüt-Single,
“Moshimo“, seitens der Fans gipfelte.
Netterweise wurde diesem lautstarken Verlangen nach Fortsetzung des Lives nachgegeben und gleich zwei Zugaben gespielt: Mit
“Toremono“ und
“Yuushinron“ brachte die Band zwei balladenartige Stücke auf die Bühne, die gleichermaßen musikalisch ergreifend und unvorhersehbar waren.
Fazit: Die gesamte Setliste war eine Zusammensetzung aus zackigen Tracks, bei denen selbst die Balladen wenig aus der Reihe fielen und ebenfalls perfekte Live-Elemente mit sich brachten. In jedem Lied gab es Mitsing-Passagen oder andere Elemente, durch welche das Publikum eingebunden wurde. Bei den insgesamt 18 gespielten Titeln wurde auf eine gute Mischung aus neueren und älteren Liedern geachtet, sodass für jeden etwas dabei war.
Ein unglaublich gelungener Konzert-Abend mit grandiosen Musikern, passionierten Fans, jeder Menge Spaß und vor allem mitreißender Musik.
Setlist:
DADA
Gimigimikku
DARMA GRAND PRIX
05410-(n) (Okoshite)
Enren
Yayu
Iron Bible
Tummy
Jikkyochuukei
Oshakashama
Masumaru
Futarigoto
Iindesuka?
Last Virgin
Kimi to Hitsuji to Ao
Kaishin No Ichigeki
Encore:
Toremono
Yuushinron