Oft ist er nicht weit, der höhnische Kommentar über "MEJIBRAY 2.0", sobald in einschlägigen Online-Foren etwas über die neue Band des ex-Noctscure-Sängers kai gepostet wird. Die Rede ist natürlich von KILLANETH. Und wirklich verübeln kann man es den Leuten nicht, denn eine MEJIBRAY-Cover-Band würde vermutlich genau die gleichen Outfits wählen, wie KILLANETH es zum Release ihrer ersten Single "Seraph." taten. Doch bei den stylishen Klamotten hören die Ähnlichkeiten bei weitem noch nicht auf, denn auch die Cover der Single ähneln frappierend denen des großen Vorbilds. Doch nur weil es an MEJIBRAY erinnert, muss nicht zwingend MEJIBRAY drin sein. Darum gibt es jetzt einen Einblick in die im Februar erschienene Single. Das erste Release der frisch formierten Gruppe kommt selbstverständlich in einer limitierten Edition, mit Musikvideo des Titeltracks, und einer regulären Edition, mit einem weiteren Bonus-Song, daher.
Musikalisch klingt die Platte erst einmal gar nicht so schlecht. Metalcore und Djent gemischt mit typischen Visual-Kei-Elementen wummern einem mit dem Titeltrack "Seraph." entgegen und erinnern damit ein wenig an D.I.D. und Arlequin. Und das ist wirklich positiv gemeint! "Seraph." legt gleich zu Beginn ordentlich los und ist mit einem ungewöhnlichen, aber auch eingängigem Refrain ausgestattet, der einem noch Tage später durch den Kopf geistert. Ein wirklich toller Song - bis einem auffällt, dass KILLANETH wohl ziemlich große girugamesh-Fans sein müssen. Was, girugamesh? Genau, denn das Eingangsriff von "Seraph." ist eine 1:1-Kopie von girugameshs "Go Ahead". KILLANETH haben einfach ganz frech kopiert. Und damit nimmt das Drama erst seinen Lauf, denn bei genauerem Zuhören fällt auf, dass ganze Gesangspassagen in leicht abgewandelter Form übernommen wurden. So schnell kann sich das Bild wandeln.
Die B-Seite "CODE[V]" schlägt musikalisch eine ganz ähnliche Richtung wie der Titeltrack ein. Sänger kai bringt, wie auf jedem Song der Single, seine volle Bandbreite an Screams, Growls und Clean Vocals zum Einsatz, wobei vor allem KILLANETHs Fähigkeit beeindruckt, all diese verschiedenen Techniken gleichwertig und stimmig in einen Song zu integrieren. Und selbstverständlich zieht dieser Stil unweigerlich Vergleiche zu MEJIBRAY-Fronter Tsuzuku oder NOCTURNAL BLOODLUST-Rockröhre Hiro nach sich. Allerdings hat das nichts mit Abklatsch oder "MEJIBRAY 2.0" zu tun, denn davon sind KILLANETH musikalisch weit entfernt. Vom fleißigen Bedienen bei anderen Musikern jedoch nicht, denn für "CODE[V]" haben die Jungs einfach bei the GazettE abgekupfert, sodass man beim brutalen Riff der Bridge unweigerlich Rukis wirbelnde Rasterlocken aus dem "Filth in the Beauty"-Musikvideo vor Augen hat. Ebenso krachend wie dieses Kultriff schießt das abschließende "MONOPOLIZE" aus den Boxen und kann vor allem live mit seiner jugendlichen Unbekümmertheit überzeugen. Wegen seiner wilden Natur vielleicht der beste Song der Platte, auch wenn man einmal mehr das Gefühl hat vor einem Flickenteppich aus verschiedenen Songs zu stehen.
Fazit: Und genau aus diesem Grund verweigere ich der Platte auch eine gute Wertung, die sie aus der Sicht eines unwissenden Hörers sicher verdient hätte. Denn musikalisch mag das alles gut und schön sein, aber Fakt bleibt, dass KILLANETH sich schamlos aus den Werken anderer Künstler bedienen. Hier wurde Note für Note kopiert, was alles andere als ein guter Ton ist. Dass die Band Potenzial besitzt, ist unbestreitbar. Was fehlt sind die eigenen Ideen. Man kann also gespannt sein, ob KILLANETH aus ihren Fehlern gelernt haben und mit ihrer neusten Single "Apocrypha" andere Wege gehen.
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