Das Jahr 2006 war in jeder Hinsicht ereignisreich, wenn man die japanische Musikszene betrachtet. Hier das Ganze mal aus der Sicht des deutschen JaME Teams, genauer gesagt YURA-sama und finix.
YURA-sama
Für mich ist es wohl so ziemlich das schwierigste Künstler für ihre Leistung in diesem Jahr zu bewerten, da ich auf die geleisteten Arbeiten meist erst mit einer Zeitverzögerung von einigen Jahren reagiere. Und wenn ich dann eine Leistung wahrnehme so ist sie seltenst aus dem allgemein bekannten Sektor der Unterhaltungsindustrie Japans, sondern irgendwo der Unbekanntheit darben oder den ungeliebteren Ecken der VK-Szene entstammen. Dennoch sind in diesem Jahr ein paar Sänger und Bands zu großen Teilen positiv aufgefallen.
Auf Nummer eins der Künstler in diesem Jahr wäre wohl eindeutig Hotei Tomoyasu anzusetzen. Der Grund hierfür ist einfach: Er macht nicht sehr viel, zumindest nicht viel was große Aufmerksamkeit nach sich zieht, wenn er dann aber mal wieder aktiv wird, sind die Stücke großartig. So auch die in diesem Jahr veröffentlichte Single Backstreets of Tokyo, die er zusammen mit Brian Setzer aufnahm. Einfach herrlich und immer wieder aufs Neue, überraschend innovativ! Vor allem wenn man bedenkt, dass einige die so lange im Geschäft sind wie der gute Herr Hotei, immerhin schon seit den frühen 80-ern aktiv, Gefahr laufen zu einer Kopie ihrer selbst zu werden.
Auf Platz zwei wären wohl MUCC vertreten, einfach weil die Band in diesem Jahr ein paar Red Bulls zu viel intus zu haben scheint. Sehr aktiv und keinen Augenblick langweilig. Obwohl mir persönlich ihre düsteren Sachen definitiv besser gefielen, so kann man selbst dem eher pop-punkigen Utagoe das gewisse Etwas nicht absprechen. Und wer mal auf einem Konzert der Band war kann auch nicht behaupten gelangweilt worden zu sein.
An dritter Stelle müssen dann aber definitiv ANTI FEMINISM sitzen. Erstens weil sie in meinen Augen die dienstälteste Session-Band darstellen. Zweitens weil es ein Mordsaufwand ist die Leute von ihren Bands abzuziehen, aufzutreten und dann dennoch Konzerte mit der jeweils eigenen Band zu veranstalten. Und drittens, weil sie es tatsächlich auch mal nach Europa schaffen. Gut, das Beiwerk auf der Tour ist nicht sonderlich genießbar, aber im Restaurant kann man ja auch die Erbsen ignorieren, wenn man das Steak bestellt hat. Schade nur, das sie Deutschland nur durchfahren um nach Polen zu gelangen.
Und nun noch die Erklärungen was mich schockte und was überraschte.
Schock Nummer eins war das Ende von deadman Anfang des Jahres. Ist halt hart wenn man die Band grade noch in Spiellaune auf der Bühne sah und kurz darauf hört dass es zu Ende ist. Außerdem endet damit das Kapitel der großen Nagoya-kei Bands. Die wenigen Neuen die dazu gezählt werden könnten, müssen sich noch ein wenig beweisen.
Das Zweite wäre wohl das endgültige in Pause gehen von Psycho le Cému. Ich mochte die Band gleichwohl ich die aller ersten, noch ungeschliffenen Platten eher höre. Es werden halt diese gewohnt durchgeknallten und grellen Kostüme fehlen. Und nein Imitation PoPs Uchusentai NOIZ sind nicht die Alternative weil noch durchgeknallter, auch mental!
Das Dritte ist zwar relativ gesehen eine Sinnlosigkeit, aber der Ausstieg des Bassisten von guruguru eigakan verursacht dann doch eine Art von ungutem Bauchgefühl dass die Band nicht mehr all zu lange aktiv bleiben könnte, was bei dieser Band wirklich ein Verlust wäre.
Die Größte Überraschung dürfte wohl die Nachricht gewesen sein das für 2007 eine Band namens 6R zusammenkommen soll. Für mich als Fan des alten Nagoya-kei war das natürlich die Nachricht schlechthin: KISUI von Phobia und Kaine von Vizell, reanimiert und gemeinsam auf der Bühne!
Auf Platz zwei, kann man sich wohl denken: Ebenfalls um ehemalige Vizell Mitglieder. Diesmal die Rückkehr von Hikaru Mitte des Jahres als Support von lynch. Ich habe mich sowieso gefragt, warum manch untalentierter Musiker den Hörer über lange Zeit quält und Leute wie Hikaru in Ruhestand gehen.
Und zuletzt die Rückkehr zweier Bands. Zum einen die um Weihnachten bekannt gegebene Rückkehr von DERLANGER. Kennt zwar kaum noch einer, ist aber eine Sünde die nicht zu kennen. Und zum anderen die Rückkehr von emmuree. Sicher ist das Kaliber der Band um einiges kleiner als das von DERLANGER, aber sie haben sich wenigstens daran gehalten was sie versprachen und kündigten sich von ihrer Pause zurück. Und glaubt mir, das ist sehr selten. Ich glaube in Deutschland kann man eher zwei Mal eine Sonnenfinsternis erleben als die Rückkehr von VK-Indies.
Zu aller letzt möchte ich noch das Thema anschneiden was vielen Fans des J-Rock wohl seit diesem Jahr zu schaffen macht: Die Veränderung von Dir en grey hin zum Metalcore. Ist es die Angst der Menge ein Flagschiff der Szene an den Kommerz zu verlieren oder warum hacken alle auf der Musik herum? Warum soll eine Band sich nicht entwickeln dürfen? Ob die Entwicklung dann positiv verläuft oder nicht hängt so ziemlich von den Fans ab. Und wem die Art von Musik nicht passt, der muss sie nicht hören. Eines ist klar: DEG sind mittlerweile nicht so originell wie bei Macabre oder Gauze, dennoch weit über dem was man vom 08-15 VK-Geschranze à la Schwein no Isu gewohnt ist. Wie gesagt können Entwicklungen gelingen, siehe MUCC, oder scheitern, wie einst bei BAISER, und Dir en grey liegen genau dazwischen. Also wozu die ganze Aufregung?
Künstler des Jahres:
1. HOTEI
2. MUCC
3. ANTI FEMINISM
Album des Jahres:
1. MUCC 6
2. deadman In the direction of sunrise and night (die 16 Tage die es vor 2006 erschien zählen nicht!)
3. Psycho le Cému +Epilogue~ katarutsuga reru monogatari
Single des Jahres:
1. Brian Setzer & Tomoyasu Hotei Backstreets of Tokyo
2. MUCC saishuu ressha
3. Unsraw - -9-
Enttäuschung/Schock des Jahres:
1. Ende von deadman
2. Vorläufiges Ende von PLC
3. Ausstieg von Tamakoshi Isao (weil man ja sonst keine Probleme hat)
Überraschung des Jahres:
1. Ankündigung von 6R
2. Hikarus Rückkehr in die Musik
3. Rückkehr von emmuree und Ankündigung selbiger von DERLANGER für 2007
Newcomer bzw. Entdeckungen des Jahres:
1. Marble Sheep (besser spät als nie!)
2. Girugamesh
3. Ellegarden (hat eine Weile gedauert bis es bei mir ankam!)
finix
In meinem allgemeinen Faible für alte Säcke ist für mich persönlich Kenichi Asai (ex Blankey Jet City, ex Sherberts, Jude) als Sieger hervorgegangen. Was dieser Mann anpackt, wird zu musikalischem Gold und mit seinem Solowerk "Johnny Hell" hat er nochmal einen obendrauf gesetzt und auch die Best of Platte "Shocking Black" seiner Band Jude wurde für mich zu einem der Alben des Jahres.
Der verdiente Platz 2 geht an La vie en rose, die trotz 12 Jahren Bandexistenz und einem konstanten Stil was die Musik angeht auch dieses Jahr wieder ein exzellentes, inspiriertes und frisches Album auf den Markt gebracht haben, das unter den Namen "Atarashii Asa" ebenfalls in die Top 3 der besten Alben dieses Jahres eingeht. Leider sorgte die Truppe mit ihrer Entscheidung, von nun an getrennte Wege zu gehen auch für eine der bösen Überraschungen des Jahres.
Zu guter Letzt wären da dann noch fake?. Die Truppe um Ken Lloyd hat ihre Krise um den ausgestiegenen Gitarristen Inoran fabelhaft gemeistert und die Herausforderung eines neuen Albums in neuer Formation vorbildlich hinter sich gebracht, obendrauf noch mit dem Song "Baby Blue and the two headed monster" von ihrem aktuellen Album "Songs from Beelzebub" einer meiner absoluten Favoriten des Jahres geschrieben.
Und auch MUCCs musikalische Entwicklung hielt mich dieses Jahr sehr auf Trab. Trotz ihres großen Erfolgs mit dem bereits vorhandenen Stil zeigten sie keine Scheu, einfach Neues anzupacken und den Fans die ganze Bandbreite ihres Talents und auch ihrer Inspiration zu zeigen.
So kam auch das Album des Jahres "Cover Parade" zustande, das mit grossartigen Cover Songs aus den 70ern, 80er und 90ern aufwartete und mir mit The Stalins "Romanticist" auch einen weitern Hit des Jahres bescherte.
An dieser Stelle auch noch mal meinen größten Respekt vor dieser Band.
Wer die internationale Musikszene dieses Jahr etwas mitverfolgt hat wird entweder a) tierisch genervt sein von diesem alles überdeckenden Emo Hype oder b) Fan davon geworden sein. Auf mich trifft eher Ersteres zu aber dennoch möchte ich eine Band der Emo Garde doch lobend erwähnen: Riddle, welche geraderaus und frisch rocken ohne dabei wie eine unter 1000 zu klingen.
Ein weiteres Genre dem ich bis dato nie viel abgewinnen konnte hat mich dieses Jahr auch noch eines Besseren belehrt und mit Anna Tsuchiya wurde mir gezeigt das auch Popgören richtig fett rocken können. Und deshalb sind Riddle und Anna auch meine Newcomer des Jahres.
Die Entdeckung des Jahres waren für mich Coaltar of the Deepers die mit ihrem ungewöhnlichen Soundmix aus Shoegaze/Dream-Pop und Heavy Rock wohl mit eine der innovativsten Bands Japans darstellen.
Eine traurige Entwicklung dagegen machten dieses Jahr hingegen Dir en grey durch. Schräge Eskapaden mit politischen Slogans und die Transformation von einer wirklich innovativen Band zu einer schnöden und auch leider mittelmäßigen Metalcore Truppe machte das Fansein doch etwas schwer. Ich wünsche und hoffe, dass die Combo mit ihrem neuen Album wieder ihre Mitte findet und beweist das sich der jahrelange Support seitens der Fans auch gelohnt hat.
Wer sich jetzt wundert, dass in meinem Jahresresumee keine Singles eingefunden haben: Ich fand einfach keine wirklich überzeugend. Und die eine, die mich dann doch umgehauen hatte, spielt in einer Liga jenseits von dem was kritisiert werden kann, denn wenn der Ausnahmemusiker Tomoyasu Hotei und die Gitarrenlegende Brian Setzer sich dazu entscheiden ein Song Namens "Backstreets of Tokyo" zu releasen steht es außer Frage, ob es gut oder schlecht wird, weil cool wird es allemal.
Künstler des Jahres
1) Kenichi Asai
2) La vie en rose
3) fake?
Album des Jahres
1) La vie en rose - Atarashii Asa
2) JUDE - Shocking Black
3) MUCC Cover Parade
Song des Jahres
1) Mucc Romanticist
2) fake? - Baby Blue and the Two Headed Monster
Single des Jahres
1) Brian Setzer & Tomoyasu Hotei Backstreets of Tokyo
Newcomer/Entdeckung des Jahres
1) Coaltar of the Deepers
2) Anna Tsuchiya
3) Riddle
Überraschung des Jahres
1) Dir en Greys Entwicklung
2) La vie en roses Bandauflösung
3) MUCCs Entwicklung