Shiina Ringo, oder auch Shéna Ringö, darf sich zweifellos zu den populärsten, begnadesten und erfolgreichsten japanischen Musikerinnen zählen. Sie hat nicht nur eine lange Solokarriere zu verzeichnen, während welcher sie sich stets in einer grünen Zone zwischen Rock und Pop, Orchestern und Bands, Originalität und verrückten Experimenten bewegt hat. Auch mit ihrer Band Tokyo Jihen hat sich weder die Qualität noch der Erfolg gelegt, doch nun ist es einmal wieder an der Zeit, dem Multitalent Shiina Ringo allein zuzuhören.
Na gut, ganz allein ist sie auf
Heisei fuuzoku (sozusagen der "Lifestyle Japans momentaner Epoche") nicht wirklich zugange. Eigentlich nicht im Entferntesten. Das Album ist nämlich eine packende Compilation aus alten und neuen Stücken sowie Coversongs, welche die gute
Shiina alle zusammen mit dem 70-teiligen Streicherorchester von Konduktor
Neko Saitô (neu) aufgenommen hat. Dabei scheinen neben gewohnter Jazz- und Klassikeskapaden auch ganz neue Seiten der Künstlerin durch.
Allein der Auftakt mit dem großartigen
Gamble entzückt durch seine gänzlich ungewohnte, sachte und dennoch voll und ganz erfreuliche Neuinterpretation, die - wie auch manche der anderen Selbstcover im Übrigen so schon auf
Baishou Ecstasy zu hören war. Auch andere ihrer beliebtesten Titel erfuhren eine strikte, wenn auch stets angemessene, neue Umsetzung.
Kuki erinnert an verrauchte, finstere Jazzclubs in der Nacht und könnte instrumental schon als Soundtrack zu einem Schwarzweißfilm durchgehen. Und das hinreißende
Ishiki wurde scheinbar schon von Anfang an genau für diese Gelegenheit geschrieben, denn die Neuvertonung funktioniert perfekt.
Auch
Yokushitsu kennen Fans der Sängerin bereits. Die Neufassung beschreitet interessante Wege und ist im Stile einer spannenden Actionszene inszeniert - womöglich die Überraschung des Albums. Spätestens hier funktioniert das ganze Album nämlich bereits blendend als ein imaginärer Film mit genau dem richtigen Soundtrack.
Meisei und
Poltergeist, die anderen bereits bekannten Stücke, fügen sich prima ins Schema ein, ohne gewichtige Änderungen gegenüber ihrer
Baishou Ecstasy-Aufnahmen zu zeigen.
Zu den Überraschungen zählt ohne Zweifel das herrlich stimmungsvolle, experimentelle
Hatsukoi Shoujo, das
Shiinas Stimme in andere Sphären erhebt und eine ganz besondere, ungewohnte Atmosphäre schafft. Auch
Oiran kommt gänzlich unerwartet daher, nämlich in einer Art Science-Fiction-Techno mit wenig Melodie, dafür mit umso hypnotischeren Effekten und natürlich
Shiinas wundervollen Vocals.
Yume no ato wirkt dann wie der Abschluss des Films, der einem während dem Genuss des Albums im Kopf abläuft. Ein Resumée am Ende, eine wundervolle Ballade mit herrlichen, aber auch teils qualvollen Vocals. Und
Kono yo no kagiri ist dann sozusagen das Bonus-Outro (man sieht praktisch die Credits vor sich dahinscrollen) - wieder etwas ganz anderes, unheimlich lockeres und schließlich ungemein abrundendes Spektakel, welches
Shiina ihren Fans da bietet.
Heisei fuuzoku ist für Fans sicher einen intensiven Blick wert und praktisch ein Soundtrack zu einem Film, der sich während dem Hören fast wie von allein im Kopf zusammensetzt. Und wer
Shiinas regulärem Rock nicht viel abgewinnen kann, sollte spätestens hier einmal ausführlich probehören -
Heisei fuuzoku ist große Kunst von einer großartigen Künstlerin.
Tracklist:
1. Gamble
2. Kuki
3. Sakuran (TERRA ver.)
4. Hatsukoi Shoujo
5. Papaya Mango
6. Ishiki
7. Yokushitsu
8. Meisai
9. Poltergeist
10. Karisome Otome (TAMEIKESANNOH ver.)
11. Oiran
12. Yume no ato
13. Kono yo no kagiri
8.6
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