Der in Europa lebende und schaffende Musiker Kisaragi hat sich für ein Interview mit uns Zeit genommen.
Kisaragi ist ein japanischer Künstler der momentan jedoch in Europa lebt und arbeitet. Sein Musikstil scheint sich jeder Beschreibung zu entziehen; Es finden sich Elemente aus traditioneller japanischer Musik, Popballaden, Dance, Rock, und Klassik in seinen Songs. Mit seinen einzigartigen Ansichten und seinem schrulligen Sinn für Humor nahm er sich freundlich Zeit für unsere Fragen.
Danke, dass du Zeit für ein Interview mit uns gefunden hast! Zuerst hätten wir aber gern, dass du dich vorstellst: wer ist Kisaragi?
Kisaragi: Auch wenn mein Name "Februar" bedeutet, den Monat wo alles gefriert, sind meine Gefühle doch heiß wie Feuer. Der einzige Ort, wo Kisaragi existieren kann ist im Klang, welcher zugleich gefrieren und schmelzen kann. Wenn es sich um solch ein Gefühl handelt, dann würde ich es Kisaragi nennen.
Wie würdest du deine Musik beschreiben?
Kisaragi: Schneidende japanische Instrumente in elektronischem Gothic-Stil.
Was hat dich dazu bewegt, Musiker zu werden?
Kisaragi: Ich denke, dass jeder, der sich dazu entschließt Musiker zu sein, verrückt ist; du musst nämlich verrückt sein, um die Welt der Musik zu betreten. Ich hab mich nicht dafür entschieden Musiker zu sein, ich wurde mit diesem Fluch geboren.
Was sind die guten und schlechten Seiten an einem Musikerdasein?
Kisaragi: Ich bin der erste, der meine unbeschreiblichen Gefühle aus den Lautsprechern im Studio hört. Dieses Gefühl ist das großartigste von allen. Das Schlechteste ist, dass meine Familie sich überhaupt nicht für meine Musik interessiert. (lacht)
Wie komponierst du deine Songs? Gibt es da etwas Besonderes, was dich inspiriert?
Kisaragi: Bevor ich mich ernsthaft mit der Musik beschäftigt habe, wurde ich professionell in Kalligraphie unterrichtet. Ich habe zunächst genauso wie die anderen Musiker komponiert, doch eines Tages schaute ich auf ein rotgefärbtes Kalligraphiebild auf meinem Tisch und begann die Musik des Schriftzeichens zu hören. So habe ich "Sonzai" komponiert. Die kalligraphischen Schriftzeichen inspirieren mich zur Musik, die schneidend, schockierend, verstörend und überwältigend ist. Wenn ich sie sehe, fühle ich einen gewissen japanischen Exorzismus.
Über deine Musik wird gesagt: "Der schockierende Sound von Kisaragis neuem Album ist ein Gemisch aus klassischen Klaviertönen, Drum&Bass, Koto, Shako-hachi und dem atemberaubenden Klang seiner Stimme, die die Revolution und den Zukunftssound Japans einleiten." Was hat dich dazu bewegt, solch einzigartige Kombinationen von Instrumenten und Klängen zu benutzen?
Kisaragi: Ich weiß, dass es eine ungewöhnliche Kombination ist. Wenn ich mich mit Produzenten treffe fällt es ihnen schwer, die Musik in eine Kategorie einzuordnen. Als ich aber im Studio aufgenommen und die ganzen unterschiedlichen Instrumente zusammengebracht habe, war ich mir solch einer Auswirkung nicht bewusst. Ich denke, dass ich mich dabei wohlgefühlt habe, an dieser Grenze zu balancieren. Aber gleichzeitig hat die Art des Arrangements eine negative Seite: man kann es nicht als Hintergrundmusik hören. Du kannst dich einfach nicht entspannen und manchmal fällt einem das Atmen schwer. Ich denke, dass die Instrumentenkombination einen auf andere, ungewohnte Weise umschließt.
Willst du einen neuen Musikstil kreieren oder suchst du einfach nur nach guter Musik, egal ob sie etwas völlig Einzigartiges ist oder nicht?
Kisaragi: Wäre ich Modedesigner, würde ich mich schämen, Jean Paul Gaultier oder Vivienne Westwood zu kopieren, auch wenn ich sie mag. In der Musik halte ich es für sinnlos, mich in irgendein Format zu quetschen.
Kannst du uns mehr über dein neues Album erzählen?
Kisaragi: Ich habe dem japanischen Ex-Premierminister, Herrn Koizumi, dem ich neulich geschrieben habe, die gleiche Frage gestellt aber er hat noch nicht zurückgeschrieben. Ich schätze, dass die Security ihm meine CD nicht gegeben hat. (lacht)
Auf dem Album ist auch ein Cover von "Endless Rain", von X-Japan. Warum hast du ausgerechnet dieses Lied gecovert?
Kisaragi: X-Japan haben Songs für die Ewigkeit geschrieben. Keiner kann besser covern, als das Original bereits ist, aber wenn du coverst, erinnerst du dich an bestimmte Momente in deinem Leben, Gefühle von vor vielen Jahren. Nachdem sie "Endless Rain" auf meinem Album gehört hatten, sagten viele Menschen, dass sie das Original noch einmal hören wollten, also suchten sie nach ihren alten X-Japan-CDs. Ich mag diesen Kreislauf.
Wie funktionierte es mit dem Schreiben, Arrangieren und Aufnehmen?
Kisaragi: Zuerst muss ich Sandwiches schmieren, bevor ich ins Studio gehe. Dann schreibe ich das Arrangement auf der Treppe vor dem Aufnahmeraum zu Ende. Im Studio fange ich an mit meiner Managerin über das Arrangement zu diskutieren; Meistens schicke ich sie raus und gebe ihr mein Sandwich. Nach den Aufnahmen kommt Hideki, der Produzent, herein und sagt, dass wir die Drums ändern müssen. Im Grunde muss ich jeden anschreien, bevor ich irgendetwas zuende bringe. Aber ich denke es ist überall so, dass der, der am lautesten schreit, auch das letzte Wort hat bei den endgültigen Entscheidungen. (lächelt)
Während der Aufnahmen hast du in Europa gelebt, aber mit Musikern in Japan gearbeitet. Wie geht das?
Kisaragi: Die japanischen Instrumente wurden in Japan aufgenommen, die europäischen in Europa. Da alles in einem Studio gemixt wurde, lief es sehr glatt ab. Ich mochte den Respekt der europäischen Tontechniker vor den japansichen Instrumenten und das sie trotzdem eine elektronische Zukunftsmusik daraus machten.
Es ist schon ungewöhnlich, dass ein japanischer Künstler in Europa lebt und seine Songs hier produziert. Warum hast du dich dafür entschieden?
Kisaragi: Vielleicht ist es etwas merkwürdig, aber ich habe das Gefühl, in Europa in einem früheren Leben gelebt zu haben. Ich bewundere Europa wegen der unbegrenzten künstlerischen Emotionen. In Japan ist die Kunst nicht so ungebunden und muss immer gewissen Standards entsprechen.
Gibt es einen Unterschied, Musiker in Japan oder in Europa zu sein?
Kisaragi: In Japan arbeiten wir gern mit anderen zusammen, aber in Europa musste ich lernen, auf meinen eigenen Füßen zu stehen.
Trittst du in Europa auf oder willst du hier auftreten?
Kisaragi: Ich würde gerne so lange wie möglich in Europa bleiben, also ist es für mich auch wichtig hier aufzutreten und zu komponieren. Ich bin glücklich, wenn ich die Möglichkeiten habe, in jedem Land auftreten zu können.
In letzter Zeit publizieren immer mehr japanische Künstler ihre Sachen in Europa und treten hier auch auf, sodass es zu einem richtigen Medienrummel wird. Wie denkst du darüber?
Kisaragi: Der japanische Film- und Modeboom traf Europa vor ein paar Jahren und schließlich zog auch die Musik nach.
Hast du nicht Angst, dass die Leute dich eher wegen deiner japanischen Abstammung lieben, als wegen deiner Musik?
Kisaragi: Ich weiß nicht, wie ich diese Frage beantworten soll, aber ich würde dich gern etwas fragen: Haben die Leute angefangen Madonna wegen ihrem Kegel-BH zu bemerken oder wegen den Liedern, die sie sang? Wenn sowohl das Visuelle als auch das Künstlerische miteinander harmonieren, bekommen wir Farbe.
Was sind deine Pläne für die Zukunft, sowohl in Europa als auch in Japan?
Kisaragi: Ich würde gern japanischen Rock/Elektronic mit traditionellen europäischen Musikern verbinden um so eine großartige visuelle und klangliche Show zu formen.
Willst du den Lesern etwas mitteilen?
Kisaragi: Ich hoffe, dass mein Album euch auf eine neue Art und Weise erfüllt. Lasst die Zukunft auf euch zukommen und lasst sie schockierend sein.
Vielen Dank für dieses Interview, wir wünschen dir alles Gute für deine Karierre.
Weitere Informationen über Kisaragi könnt ihr auf der offiziellen Homepage finden. (www.kisaragi.eu)
Hörproben aus seinem neuen Album 'Sonzai' gibt es unter www.kisaragi.de