Interview

Plastic Tree auf der Animagic

04/08/2007 2007-08-04 12:00:00 JaME Autor: Finja

Plastic Tree auf der Animagic

JaME hatte die Gelegenheit, an der Pressekonferenz Plastic Trees teilzunehmen und im Anschluss daran ein kurzes Interview mit der Band zu führen. Außerdem findet ihr in diesem Artikel ein kurzes Konzert-Review.


© JaME & Katharina Dohle
Um circa 9.30 beginnt in der Beethovenhalle die Pressekonferenz mit Plastic Tree. Die ausgewählten Fans und Medienvertreter dürfen jeweils eine Frage stellen, meist antworten Sänger Ryutaro oder Bassist Tadashi auf diese. Nachdem Ryutaro auf Deutsch "Guten Morgen" gesagt hat, folgen die ersten Fragen der Anwesenden.

Pressekonferenz:

Der Zirkus scheint bei Plastic Tree ein wiederkehrendes Thema zu sein. Was fasziniert euch daran?
Ryutaro: Der Zirkus kam oft in meine Heimatstadt Chiba. Ich war davon stets fasziniert, weil die Leute vom Zirkus von Stadt zu Stadt reisen, das hätte ich auch gerne getan, es war etwas außergewöhnliches.

Plastic Tree existieren nun schon sehr lange. Was sind eure größten Erfolge bisher, worauf seid ihr besonders stolz?
Tadashi: Auf unser erstes One Man-Live vor 10 Jahren. Außerdem auf unser erstes Konzert im Ausland, letztes Jahr in Berlin.

Was fasziniert euch daran, auf der Bühne zu stehen?
Ryutaro: In diesen Momenten kann man seinen Emotionen freien Lauf lassen. Im normalen Leben muss man vernünftig sein, auf der Bühne nicht.

Was glaubt ihr, warum mögen so viele Leute aus Europa japanische Musik?
Tadashi: Weil sich japanische und europäische Musik vom Stil her unterscheidet.

Haben eure Europakonzerte letztes Jahr euer Songwriting beeinflusst?
Ryutaro: Ja, natürlich! (lacht)
Ah… auf welche Art und Weise?
Ryutaro: Wir haben viele Erfahrungen gemacht, zahlreiche neue Dinge kennengelernt… Die Orte an denen wir waren waren anders, die Reaktionen des Publikums ebenso. Es war für uns sehr inspirierend.

Worin unterscheiden sich japanische und deutsche Fans?
Tadashi: Wir haben bemerkt, dass deutsche Fans unsere Musik trotz der Kommunikationsprobleme verstehen, das hat uns überrascht. Außerdem sind sie lauter und wilder!

Bucchi, wann wolltest du zum ersten Mal in einer Band als Schlagzeuger aktiv sein?
Hiroshi: Vor Plastic Tree habe ich nie in einer Major-Band gespielt. Ich nahm an einer Audition teil und passte zu der Band.
Und vor Plastic Tree?
Hiroshi: Ich habe in anderen Bands gespielt, ein paar andere Jobs gehabt und nebenbei als Studiomusiker gearbeitet.

Wie feiert ihr euer Bandjubiläum?
Ryutaro: Am 8. September geben wir im Budokan in Tokyo das "Zero-Konzert".

Wollt ihr in Europa/Deutschland weiterhin aktiv sein, habt ihr ein paar Projekte in Planung?
Ryutaro: Die erste CD What is "Plastic Tree?" wurde hier bereits veröffentlicht. Die Städte Europas sind faszinierend, genauso die Kultur. Ich würde hier gerne ein Jahr lang leben und arbeiten.

Welches eurer Konzerte in Europa hat bisher den stärksten Eindruck bei euch hinterlassen und warum?
Tadashi: Letztes Jahr in Berlin war ich wirklich benommen, es war wie eine Ohnmacht. Eine großartige Erfahrung.

Letztes Jahr in Berlin habt ihr auch ältere Lieder gepielt, zum Beispiel "psycho garden". Wie wählt ihr die älteren Lieder die ihr spielt aus?
Tadashi: Weil es unser erstes Konzert im Ausland war, haben wir die Lieder ausgewählt, die wir am meisten mochten um sie dem Publikum hierzulande zu präsentieren, wir nahmen die Lieder, die uns unserer Meinung nach am besten repräsentieren.

Plastic Tree gibt es nun schon sehr lange, was glaubt ihr ist das Geheimnis der Band, warum es noch kein Disbanding gab?
(Die Band spielt "Schere, Stein, Papier" um zu entscheiden, wer die Frage beantworten soll)
Ryutaro: Wir sind ein Team und auf der Bühne gehören wir einfach zusammen. Wir haben untereinander eine feste Verbindung und sind zusammen in der Lage, gute Musik zu schreiben.

Habt ihr schon deutsches Bier probiert?
(Alle sehen zu Akira)
Akira: Umai! (Lecker) Gestern haben wir 'Kölsch' getrunken. Viel Kölsch! (Alle lachen)
Ryutaro: Es war lecker, ich habe es so getrunken wie grünen Tee. Im Endeffekt war ich betrunken (lacht).

Wie entspannt ihr euch nach Konzerten?
Ryutaro: In Japan schlafe ich sehr viel, aber hier in Deutschland will ich alles sehen und erkunden, deshalb schlafe ich nicht viel.

Welche Musik hört ihr privat, was inspiriert euch?
Tadashi: Wir mögen alle verschiedene Musikstile, zum Beispiel Rock, Techno und akustische Musik. Unsere Eindrücke vermischen sich, direkte Einflüsse gibt es aber nicht.

Habt ihr besondere Erwartungen an das Konzert heute Abend?
Ryutaro: Ja!

Letztes Jahr habt ihr bei eurem Konzert in Berlin den Song "The Kiss" von "The Cure" in einer Instrumentalversion gespielt. Wie kam es dazu?
Tadashi: The Cure bedeuten uns sehr viel. Man kann sagen, dass sie unsere Helden sind!

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Im Anschluss an die Pressekonferenz hatten wir die Gelegenheit, ein kurzes Interview mit Plastic Tree zu führen.

Interview:

Das neue Album von Plastic Tree heißt "Nega to Posi", was übersetzt so viel wie "Negativ und Positiv" bedeutet. Ist das das Konzept des Albums?
Ryutaro: Nein, das Album hat kein wirklich vorgefertiges Konzept. Uns gibt es schon seit 10 Jahren, wir wollen auf diesem Album das zeigen, was Plastic Tree sind, wofür wir stehen.

Was denkt ihr von diesem Album, im Vergleich zu anderen Alben?
Ryutaro: Uns war es wichtig, uns selbst mit diesem Album zufrieden zu machen. Im Vergleich zu anderen Alben unterscheidet es sich - es gibt zum Beispiel zahlreiche Geräusche, die 'kaputt' klingen, das war Absicht, das wollten wir zeigen, die verschiedenen Aspekte.

Welche Lieder mögt ihr von dieser CD am liebsten und warum?
Tadashi: Ich mag am liebsten "Elegy". Das Lied realisiert, was ich mit Plastic Tree spielen will.
Ryutaro: "Andro Metamorphose"! Ich finde, wenn man dieses Lied hört fühlt man sich froh, deshalb ist das Lied auch ziemlich lang, es hat eine große Bedeutung für mich.
Hiroshi: "Kuroi Kasa". Mit diesem Lied wollte ich meinen eigenen Stil zeigen, ich denke, mit diesem Song habe ich genau das erreicht. Ich bin gerne Schlagzeuger.
Akira: Mein Lieblingslied ist "Mujineki". Das Lied ist irgendwie kompliziert, deshalb mag ich es. Ich glaube, das ist typisch japanisch.

Vor "Nega to Posi" kamen zwei Singles - zwei Balladen, "Spica" und "Makka na Ito". Als ich das Album hörte, war ich ziemlich überrascht, weil die Musik auf diesem teilweise wesentlich härter ist. Warum habt ihr ausgerechnet diese beiden Lieder als Singles veröffentlicht?
Tadashi: Ehrlich gesagt hat lediglich die Zeit gestimmt. Marketing. (Gelächter)

Das Lied "Orange" war eine ziemliche Überraschung für mich. Normalerweise ist es recht leicht, verschiedene Lieder der Band direkt Plastic Tree zuzuordnen, aber "Orange" klingt anders. Findet ihr auch, dass ihr euch von eurem 'gewöhnlichen' Stil ein wenig differenziert habt?
Akira: Ah… (Gelächter) Ich habe "Orange" komponiert. Das Lied setzt sich aus supermodernen elektronischen Sachen und traditionellem Rock zusammen, so was wie Led Zeppelin oder so. Ich fand es gut, das zu mixen. Ehrlich gesagt bin ich überrascht: Wir haben bereits erfahren, dass in Deutschland einige Fans gerade dieses Lied am liebsten mögen, du magst es ja auch, oder? In Japan mögen die Leute das Lied nicht so… Ich bin sehr sehr froh, dass es in Deutschland akzeptiert wird.

Der Song "Fujunbutsu" fängt mit einem Gitarrenintro an. Das klingt ein bisschen nach Nirvanas "Smells like teen spirit"…
Ryutaro: Ah… Ja, das stimmt. Ich bin ein sehr großer Fan von Nirvana, für mich sind sie eine bedeutende Inspirationsquelle. Generell mag ich Musik aus Amerika gerne.

Vielen Dank für das Interview!
Plastic Tree: Thankyou!
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Konzertbericht:

Am 28.07.2007 fand im Bonner Brückenforum das zweite Konzert Plastic Trees in Deutschland statt. Nach dem genialen Auftritt in Berlin (2006) waren meine Erwartungen an die Show der vier Jungs hoch und ich war gespannt darauf, die Lieder vom neuen Album "Nega to Posi" endlich live hören zu können. Da Bassist Tadashi uns ein paar Stunden vorher verraten hatte, dass sie den Klassiker "psycho garden" ebenso spielen würden, freute ich mich besonders auf das Konzert.

Das Brückenforum war gut besucht, zwar war das Publikum sicherlich nicht so groß wie die Anhängerschaft Miyavis (Die wir vor der Halle teilweise schon mit Schlafsäcken warten sahen), definitiv gab es aber mehr Andrang als letztes Jahr in Berlin.

In der Halle war die Stimmung mehr oder minder ausgelassen, wir wurden mit Musik von Metallica beschallt und spätestens als "Nothing else matters" zum zweiten Mal gespielt wurde, machten sich Unruhe und Vorfreude breit: Aus dem Publikum tönten diverse Sprechchöre, die die Band auf die Bühne befördern sollten. Etwas später als angekündigt betrat schließlich nach kurzen Aufbauarbeiten und der Ansprache eines Mitarbeiters die Band begleitet von dem "hana moete"-Opening die Bühne und die Halle begann zu Kochen, begleitet von dem lautstarken Geschrei der Fans startete die Band ihre Show mit dem etwas älteren Lied "irogoto". Ich hatte mich vor dem Konzert gegen den Presse-Balkon entschieden und mir stattdessen mit meinen Begleitern einen Platz direkt vor Tadashi ausgesucht, was sich auch wie letztes Jahr auszahlte. Tadashi versteht es, mit dem Publikum zu interagieren, lächelte oft in die Richtung der Gäste und ließ sich - wie immer - ordentlich feiern. Um uns herum waren leider ein paar Leute, die entweder mit der Band nicht viel anfangen konnten oder aber einfach keine Lust auf das, was man Bewegen nennt hatten.. Wir störten uns nicht daran, tanzten zu "merankorikku" und dem neuen Song "Elegy", worüber sich die Band sichtlich freute - nicht nur die Plastic Tree-'Klassiker' kamen an, auch die neuen Songs wurden teilweise lautstark mitgesungen und waren dem Großteil des Publikums bekannt. Während in unserer Ecke eher mittelmäßige Stimmung herrschte, konnte ich die Menge vor Sänger Ryutaro tanzen sehen und dieser wirkte sichtlich angetan von dem großen Zuspruch, den die Band vom Publikum bekam.

Zwischendurch folgten ein paar Ansprachen von Ryutaro, nachdem er sich letztes Jahr mit Spickzettel bewaffnet an zahlreichen deutschen Sätzen versucht hatte, sprach er diesmal vorallem Japanisch (Einmal hieß es: "Ah, hier versteht niemand, was ich sage - na ja!"), was das Publikum dennoch begeisterte, jeder Satz des Sängers wurde von lautstarkem Geschrei begleitet, was es etwas schwierig machte, ihn zu verstehen. Nur Sätze wie "Ihr seid super (subba)! Beste!", "Hände hoch!" und "Wollt Ihr mehr? MEHR?" sind mir besonders gut in Erinnerung geblieben.

Oft wird behauptet, Plastic Tree wären eine zu softe Band, aber auch in Bonn bewiesen die vier Jungs wieder, dass sie als Liveband verdammt rocken und mit ihrer energiegeladenen Art schafften sie es sogar die Skeptiker um uns herum mehr oder minder zum Tanzen zu bewegen. Drei Balladen hintereinander zogen sich zwischendurch etwas in die Länge, als dann aber der Hit "Ghost" folgte, hatte man die kurzzeitige Durststrecke sogleich vergessen und wieder kochte die Stimmung regelrecht über. Während dem Spielen der neuen Single "Makka na Ito" wurde plötzlich unterbrochen, was nach dem Konzert natürlich zu wilden Spekulationen anregte - die einen waren der Meinung, Ryutaro habe seinen Text vergessen, andere sagten, Ryutaro hätte sich an dem lautstarken Geklatsche und Gekreische des Publikums gestört und den Song unterbrochen, um für Ruhe zu sorgen; im Endeffekt scheint es aber ein technisches Problem gewesen zu sein, angeblich war schlichtweg Ryutaros Mikrofon ausgefallen. Nichtsdestotrotz wurde das Lied nach dem zweiten Anlauf problemlos durchgespielt.

Ein weiterer schöner Moment während des Konzertes war wohl der Augenblick, als das ganze Publikum anlässlich des Bandjubiläums lautstark "Happy Birthday" sang, mein persönlicher Höhepunkt war allerdings der Song "reset". Dass Plastic Tree auf ihren Konzerten des öfteren alte Lieder spielen ist kein Geheimnis, mit "reset" hätte ich aber wirklich nicht gerechnet. Das Lied schien auch vielen Leuten im Publikum nicht bekannt zu sein, die eingängige Melodie eroberte die Anwesenden aber schnell und zu dem "BAIBAI"-Refrain wurde kräftig gewunken. Nach "Andro metamorphose" verließ die Band schließlich gefolgt von den aufgekratzten Rufen der Fans die Bühne.

Nachdem ich mich letztes Jahr sehr über das The Cure-Instrumental "The Kiss" gefreut hatte, hoffte ich auf eine ähnliche Einlage, allerdings blieb das diesmal aus: Es folgte direkt "hate.red,dip.it" in einer extrem genialen Version - das Intro wurde sehr in die Länge gezogen, es gab ein paar Soloparts von Akira und Tadashi, schließlich kehrte auch Ryutaro zurück auf die Bühne, diesmal im roten, kurzen Kimono, was die Fanherzen offensichtlich schneller schlagen ließ. Es folgte ein weiteres Lied vom neuen Album, "Sabbath", und schließlich das von mir sehnlichst erwartete "psycho garden". Hierbei gab das Publikum noch mal alles, so gut wie jeder sang mit, es wurde gehüpft, geklatscht und die Band wirkte sichtlich ausgelassen, bis auf Gitarrist Akira, der, nachdem er den Rest des Songs auf dem Boden hockend gespielt hatte, die Bühne verließ. So verabschiedeten sich Ryutaro, Tadashi und Hiroshi also nur zu dritt von den jubelnden Fans (Mit der Ankündigung, uns beim dritten Deutschlandkonzert wiedersehen zu wollen) und verließen schließlich die Bühne - das wirkte alles ein wenig abrupt, es fehlte ein wenig der Verabschiedungs-Zauber vom letzten Jahr, was aber unter anderem auch an der etwas unpassenden Location lag.

Auch, wenn das Konzert diesmal nicht so persönlich wie 2006 in Berlin war, war es meiner Meinung nach ein voller Erfolg. Die Setlist war größtenteils gelungen, die Stimmung war gut, aber etwas fehlte. Plastic Tree passten nicht recht in die große Halle, haben aber das beste daraus gemacht. Ein bisschen wehleidig denkt man dennoch an ihr erstes Deutschlandkonzert zurück.

Setlist:

01. Irogoto
02. Melancolic
03. Elegy
04. Honjitsu wa seiten nari
05. national kid
06. Fujunbutsu
07. Spica
08. Makka na Ito
09. sink
10. Ghost
11. reset
12. DANCE MACABRE
13. Orange
14. Andro metamorphose
______
hate.red,dip.it
Sabbath
psycho garden


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JaME dankt R:ID und Plastic Tree für dieses Interview, die Pressekonferenz und selbstverständlich auch für das Konzert. Ein weiterer Dank für die Live-Photos geht an Jürgen Hornschuh von germanrock.de, die Fotos von der Pressekonferenz wurden von Katharina Dohle gemacht, auch hierfür vielen herzlichen Dank.
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Galerie

Zugehörige Künstler

Zugehörige Veröffentlichungen

Album CD + DVD 2007-06-27 2007-06-27
Plastic Tree
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