Interview

Exklusives Interview mit miyavi

13/06/2008 2008-06-13 12:00:00 JaME Autor: Xper, Gaga-Kun & Z Übersetzer: Finja

Exklusives Interview mit miyavi

Wer ist der Typ, der nicht nur in Japan, sondern auch in den USA, Südamerika und Europa regelmäßig ausverkaufte Konzerte gibt? miyavi sprach mit uns über sein Erfolgsgeheimnis, die Visual Kei Szene und seine Zukunftspläne als Solokünstler und mit S.K.I.N.


© miyavi / PS Company / JaME
Zurzeit erobert miyavi die Welt - im Mai tourte er ausgiebig durch Amerika, Chile und Brasilien, diesen Monat wird er Europa aufmischen, ehe er im August Konzerte in Taiwan und Südkorea geben wird. Nach seinem letzten Konzert in Brasilien traf JaME sich mit dem beliebten Künstler und sprach mit ihm über seine Arbeit, die Visual Kei Szene, die KAVKI BOYZ und seine Zukunftspläne.

Wir trafen miyavi gegen Mittag und obgleich sein Tourplan zurzeit sehr voll ist, war die gesamte Crew sehr ausgelassen und es wurde viel gelacht. Alle wirkten zufrieden mit dem, was sie bisher erlebt und erreicht haben. miyavi ist übrigens nicht nur musikalisch gesehen ein Multitalent, sondern bewies uns auch, dass er verschiedene Sprachen spricht. So führten wir das gesamte Interview auf Englisch durch.


Erstmal danke für alles! Wir haben deine “THIS IZ THE JAPANESE KABUKI ROCK TOUR” bei JaME vor drei Monaten bekanntgegeben und kurz darauf war unsere Webseite völlig überlastet, weil wir so viele Besucher hatten. Das war für uns das erste Mal seit sechs Jahren, dass so etwas passiert ist.
miyavi: Ohh.. Danke!

Du hast angekündigt, dass du mithilfe dieser Tour zahlreiche Grenzen überwinden möchtest: Sprachen, Kulturen, Geschlechter. Ist das dein Vorsatz? Und hast du diese Ziele deiner Meinung nach erreicht? Immerhin hast du schon sieben Konzerte hinter dir.
miyavi: Ja, das ist eine Absicht von mir. Die Mauern einreißen und all das. Nachdem ich nun drei Länder besucht habe, habe ich viel erreicht. Wenn ich auf der Bühne stehe ist es mir wichtig, meine Gedanken, meine Gefühle und meine Emotionen durch die Musik zum Ausdruck zu bringen. In der Tat gibt es so viele verschiedene Kulturen und Sprachen, aber ich weiß nun, wie ich erreichen kann, dass das unwichtig ist. Und ja, sogar in Brasilien, Chile und den USA haben die Leute meine Songs auf Japanisch mitgesungen. Und ich habe auf Englisch geantwortet und auch Sprachen wie Portugiesisch und Spanisch benutzt.. Ich finde es wichtig, dass man versucht, einander zu verstehen.

Und das hast du erreicht?
miyavi: Ja, ja! Das kann ich wirklich von mir behaupten.

In Chile und Brasilien hast du ziemlich viele Fans, die sich wirklich für deine Musik interessieren. Hast du damit und mit ihrer euphorischen Reaktion gerechnet?
miyavi: Ich habe damit gerechnet, dass die Leute enthusiastisch sein würden. Im Endeffekt haben sie meine Erwartungen aber übertroffen! Ich hätte nicht gedacht, dass sie alle mitsingen würden und das haben sie tatsächlich getan, bei nahezu jedem Lied. Das hat mich echt überrascht. Zudem war das Publikum sehr energiegeladen und das hat uns echt geholfen, die ganzen Tourstrapazen zu überstehen. Mir ist aufgefallen, dass ich noch besser performen konnte als sonst. Das lag an ihrer Kraft, sie waren wirklich enthusiastisch, und das hat mich wirklich bekräftigt.

Du bezeichnest dich selbst als Visual Kei Künstler, aber du unterscheidest dich sehr von anderen Musikern aus diesem Genre, weil du so viele Einflüsse nutzt - Rap, traditionelle Lieder, Jazz.. Denkst du, dass andere Musiker aus dem Visual Kei Genre deinem Beispiel folgen sollten?
miyavi: Bloß nicht. Das ist einfach mein Weg. Was andere Künstler machen ist okay, aber das ist eben mein Stil. Ich hab mir gedacht, dass ich mir was originelles einfallen lasse und na ja, im Moment ist Visual Kei gerade außerhalb von Japan im kommen und mal ehrlich: Die sehen einfach alle gleich aus. Ich mag das nicht. Ich möchte nichts tun, was andere schon vor mir gemacht haben. Deshalb versuche ich, neue Dinge zu ergründen.

Das ist es also, was du mit "Sakihokoru hana no you ni" (Eine Single aus dem Jahr 2007) ausdrücken willst?
miyavi: Ja, ja, genau das. Wisst ihr, das Lied ist wie mein gesamtes Leben, wie ich lebe, was ich erreicht habe, was ich erlebt habe.. Ich bin stolz darauf, Visual Kei zu vertreten. In der japanischen Musikszene hat man es manchmal schwer und die Leute haben Vorurteile, sind der Meinung, wir wären vom rechten Weg abgekommen, weil wir Visual Kei Musiker zum Beispiel Make-up tragen. Wir werden als Künstler gesehen, weniger als Musiker. Wir sind Künstler. Aber das bin eben ich, ich versuche, meinen Lebensstil durch mein Auftreten, meine Performances und meine Musik auszudrücken, durch all das, nicht nur durch die Musik. Das ist mein Leben. Sogar während ich Interviews gebe, bin ich der miyavi, den man auch auf der Bühne sieht. Deshalb bin ich cool. Sogar am Flughafen bin ich dieser Typ, trinke ein Bier mit jemandem, unterhalte mich, so bin ich eben und damit komm ich klar, immer miyavi halt. Und so besinge ich mein Leben.

Du bist bei einem Major-Label unter Vertrag. In deinen Songs singst du trotzdem über unkonventionelle Themen, die in der japanischen Gesellschaft nicht immer gut ankommen. Du schreibst über Dinge, die die Leute nur schwer verstehen und akzeptieren können. Wir haben eben darüber gesprochen, dass du außerhalb von Japan die Mauern einreißen möchtest, und wie sieht es in deinem Heimatland selbst aus? Möchtest du auch dort alte Grenzen überwinden und Tabus brechen?
miyavi: Nun, ja. Ja, auf jeden Fall. Deshalb hab ich meine Mitstreiter, meine Crew, an meiner Seite. Ich meine, die kommen allesamt aus der Undergroundszene, aber haben so viele großartige Fähigkeiten, sind so verrückt, wunderbar und talentiert. Deshalb mache ich Musik mit ihnen. Ich will ihre verrückten Talente allen zeigen.

Ich habe mit Saro über seine Auftritte beim RISING SUN ROCK FESTIVAL gesprochen. Ryo ist ein Schlagzeuger, den man so schnell nicht vergisst, und dann ist da noch Shige-chan, der seine Band Kobose hat, die sich gänzlich von eurer Formation unterscheidet. Alles sehr unterschiedliche Charaktere also. Denkst du denn, dass die KAVKI BOYZ dich prägen? Diese Jungs mischen verschiedene Stilrichtungen und beeinflussen deine Musik damit sehr, ist das das, was du wolltest?
miyavi: Ja, genau so wollte ich das. Dass sie mich beeinflussen ist ganz offensichtlich, aber ebenso präge ich die Jungs selbst. Deshalb habe ich sie auch ausgewählt. Ich habe großen Respekt vor ihnen. Sie kommen alle aus ganz verschiedenen Richtungen, und wisst ihr was? Das ist uns echt egal. Andere Stile, andere Wege.. Wir sind durch unsere Musik verbunden.

Es ist echt klasse, dass ihr das erreicht habt. Weißt du, du bist der erste japanische Künstler den wir treffen, der so viele verschiedene Dinge mischt und miteinander vereint. Deshalb war es auch ziemlich schwer, schwerer als gedacht, deine Konzerte hier zu organisieren. Weil sie so untypisch sind. (Anmerkung: JaME hat miyavis Auftritte in Brasilien organisiert)
miyavi: Ja, manchmal ist das echt aufwändig. Deshalb gibt es oft Stress. Aber wie schon gesagt, ich möchte nichts machen, was vor mir schon jemand gemacht hat. Ich möchte neue Dinge kreieren.

Wie sehen denn deine Zukunftspläne aus? Willst du mit den KAVKI BOYZ weitermachen oder demnächst etwas anderes probieren?
miyavi: Das ist eine sehr gute Frage (lacht). Hmmm. Ich kann das im Moment echt nicht beantworten, weil ich mich sooft verändere. Natürlich respektiere ich die Jungs und mir gefällt mein aktueller Stil, ich würde gerne so weitermachen. Aber ich weiß das alles noch nicht so genau, ich werde einfach alles tun, was nötig ist, damit ich ich selbst sein kann.

Du hast mit SUGIZO zusammengearbeitet und ihr habt den Song "Hi no Hikari sae Todokanai Kono basho de" aufgenommen. Wie war es, mit ihm zu arbeiten und wie kommst du mit diesen bekannten Künstlern klar? Du hast vor einiger Zeit immerhin auch die Supergruppe S.K.I.N. gegründet..
miyavi: Mit ihm zu arbeiten war toll, es war wirklich großartig. Ich hab ihn gebeten, mit mir zu arbeiten, weil ich mir sicher war, dass er selbstsicher und sich seines eigenen Stiles bewusst ist. Wisst ihr, was ich meine? Er spielt anders Gitarre als ich. Ich meine, ich spiele eher aggressiv und singe dabei ja auch noch, aber er spielt sehr harmonisch und melodisch Gitarre. Ich dachte mir, dass das gut funktionieren würde. Ich respektiere ihn und wir beide sind einfach total unterschiedlich, ich glaube, dass es gerade deshalb so großartig geklappt hat. Und ich bin Mitglied von S.K.I.N. (Anmerkung: Die Gruppe besteht übrigens aus miyavi, YOSHIKI, Gackt und SUGIZO), ja. Sie haben aus Visual Kei eine Branche gemacht, sie sind Organisatoren und Pioniere. Deshalb ehrt es mich sehr, ein Mitglied dieser Gruppe sein zu dürfen. Auf der anderen Seite ist mir aber auch klar geworden, dass ich in dieser Generation als Künstler etwas Neues erschaffen muss.

Du willst vermutlich, dass sich deine Einstellung auch auf S.K.I.N. auswirkt, stimmt's?
miyavi: Ja, genau. Deshalb mixe ich meinen aktuellen Stil und meine Kultur mit Hip-Hop und Rap, mit Jazz und so viel mehr, UND natürlich mit Visual Kei.

Wenn man bedenkt, wie du damals angefangen hast, hast du dich echt weiterentwickelt. Aber deinen Visual Kei Stil möchtest du nicht verlieren.
miyavi: Ja, weil der wirklich wichtig für mich ist.. Wisst ihr, es wäre theoretisch echt leicht, Visual Kei hinter sich zu lassen. Im Moment bin ich Visual Kei Künstler, aber zugleich auch ein bekannter Popstar. Und in Japan ist es einfach leichter berühmt zu sein, wenn man kein Vertreter des Visual Kei ist. Das Ganze hat nämlich ein ziemlich schlechtes Image. Ja, wirklich ein schlechtes Image. Aber ich bin mir sicher, dass es für mich wichtig ist, so weiterzumachen, als Visual Kei Künstler.

Visual Kei Fans sind sehr spezifisch. Dieses Publikum lässt sich meist nur schwer mit anderen Leuten vermischen. Möchtest du in Japan auch andere Musikliebhaber erreichen, oder konzentrierst du dich aufs Visual Kei Publikum?
miyavi: Nee, ich meine.. Ich kümmere mich um kein spezielles Publikum und ich glaube, bei mir ist das auch nicht so krass, meine Konzerte werden von verschiedenen Leuten besucht. Wisst ihr, mir ist das eigentlich ziemlich egal.
Du spielst also für jeden, der deine Musik mag.
miyavi: Genau, überall auf der Welt. Ich will einfach meinen Stil wahren und das ist für mich wichtig.

Du bist ein relativ junger Künstler und meistens sind es die Superstars, die die japanische Kultur, die Mode und die Musik in den Westen bringen. All das kam vor allem durchs Internet. Du bist hier bekannt geworden, weil die Leute deine Musik geladen und sie dann in Internetcommunities verbreitet haben. Im Moment hast du ein bekanntes Myspace-Profil und einen eigenen Blog, der oft besucht wird. Planst du, das Internet auch weiterhin zu nutzen? Zum Beispiel durch Musikportale wie iTunes? Oder willst du es Fans aus dem Westen eher ermöglichen, richtiges Merchandise und so weiter zu erwerben?
miyavi: Oh ja, das will ich auf jeden Fall! Und damit meine ich nicht nur Merchandise, ehrlich gesagt würde ich das Internet gerne nutzen, um eine starke Verbindung zu meinen Fans im Ausland aufzubauen.

Du hast auch einen Fanclub. Manche Künstler machen ihre Fanclubs auch Leuten außerhalb Japans zugänglich. Steht das für dich auch zur Debatte?i
miyavi: Natürlich. Wisst ihr, das würde ich echt gerne machen.
Jetzt hast du ja auch gemerkt, dass du außerhalb deines Heimatlandes eine enorme Fanbase hast. Zum Beispiel hier in Brasilien und in Chile.
miyavi: Ja, alles ist möglich. Aber wisst ihr, einen Fanclub zu eröffnen und zu managen ist echt HART. Ich habe einen Fanclub für Leute aus Taiwan und Korea, und das ist HART. Aber hey, es ist es echt wert, das mal zu probieren, immerhin gibt's viele Menschen, die sich meine Musik anhören!

Was wirst du nach dieser Tour machen? Alben veröffentlichen? Endlich mal was mit S.K.I.N. starten? Oder irgendwas anderes?
miyavi: Nach der gesamten Tour?
Ja. Nach der gesamten Tour.
miyavi: Ahh... Ich denke, ich werde ein Album oder eine Single veröffentlichen. Bevor wir in Europa touren, werde ich in Japan sein.
Meinst du, du wirst in deine neuen Veröffentlichungen etwas von dieser Tour mit einbeziehen? Beispielsweise die Kulturen Brasiliens oder Chiles?
miyavi: Klar. Alles, was ich während dieser Tour erlebt habe, wird die Musik, die ich machen werde, beeinflussen.

Mal was anderes: Kürzlich hat in Japan das hide memorial summit stattgefunden. Du konntest daran nicht teilnehmen, weil du auf Tour warst. JaME hat mit zahlreichen Künstlern Interviews gemacht und sie darum gebeten, etwas über hide zu erzählen, warum er für sie besonders war und inwiefern er sie beeinflusst hat. Wir haben gesehen, dass du in deinem Blog etwas über hide geschrieben und gesagt hast, dass er einer deiner Lieblingsmusiker war. Könntest du das für uns noch mal zusammenfassen?
miyavi: Er hat mich und meine Musik sehr beeinflusst. Von ihm habe ich vor allem gelernt, wie man lebt, wie man eine gute Beziehung zu seinen Fans pflegt. Ich unterscheide mich sehr von ihm und spiele zum Beispiel ganz anders Gitarre, aber ich respektiere ihn als Künstler und als Menschen sehr. Wie er mit seinen Fans umgegangen ist, hat mich echt beeindruckt und geprägt. Er hat außerdem auch versucht, Regeln zu brechen und Grenzen zu überwinden, so wie ich es tue. In der Hinsicht war er sehr verantwortungsbewusst und wir sind nun dafür verantwortlich, den Erfolg weiterzutragen, seine Meinung zu verbreiten, seine Ideale. Das versuche ich. Natürlich wurde ich auch von anderen Künstlern beeinflusst, aber mit hide war das eben so.

Hast du zum Schluss noch ein paar Worte für deine Fans übrig? Gerade jene, die in Chile und Brasilien deine Konzerte besucht haben.
miyavi: Erstmal danke ich euch für alles. Ohne eure Hilfe hätte ich niemals herkommen können. Erst dachte ich, es wäre unmöglich. Und nun bin ich tatsächlich der erste J-Rock Künstler, der hier aufgetreten ist-.. Moment, bin ich das?
In Chile.
miyavi: Ah. Also.. WAR JEMAND VOR MIR DA?
Ja. Charlotte und Sharurotto, eine Oshare Kei Band.
miyavi: (Ein Moment der Stille) Wie auch immer.. (lacht) Ich fühle mich geehrt, weil ich hier sein darf, ja. Ich möchte den Fans in Südamerika danken. Ich werde so viele Orte besuchen wie möglich, aber ich habe echt viel gelernt bei dieser Tour. Ich war echt beeindruckt, ihr Fans, die Halle, die Energie.. Das war es wirklich wert, ich war echt überrascht. Es war großartig. Ihr habt mich glücklich gemacht und ich habe durch euch realisiert, dass die Unterschiede, so wie Sprachen und Kulturen, eigentlich unbedeutend sind. Wir können es schaffen, wir können das alles hinter uns lassen.
Ich hoffe also, dass ich bald zurückkehren kann. Im Februar, wenn Karneval ist.
Bitte komm, das wäre wirklich eine Ehre!
miyavi: Ich möchte mehr über die Kultur erfahren, über Südamerika, Brasilien, Chile. Ich hatte echt Spaß hier. Danke.
Vielen Dank!

JaME dankt PS Company, Maru Music und Yamato Comunicações e Eventos für alles.
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