Interview

miyavi in Köln

04/07/2008 2008-07-04 12:00:00 JaME Autor: Finja

miyavi in Köln

Am 21. Juni rockte miyavi die Live Music Hall in Köln. <br /> JaME war dabei und traf den Musiker kurz vor seiner Show zum Interview.


© JaME
Im Rahmen seiner Welttournee gab der Ausnahmekünstler drei Konzerte in Deutschland. In Köln nahm miyavi sich vor seinem Auftritt etwas Zeit für JaME.


Du bist schon ziemlich lange im Business unterwegs und hast einiges erlebt. Kannst du ein bisschen von deinen Anfängen als Musiker erzählen?

miyavi: Oh, damals war ich 17 Jahre alt. Ich kam von Osaka nach Tokyo. Ich habe mich dann dazu entschieden, mit meinen Bandkollegen Musik zu machen, also mit Dué le quartz. Hm.. Ich war das jüngste Mitglied der Band. Ich hatte echt keine Ahnung, ich wusste nichts über Musik, über die Industrie, darüber, wie es ist, in einer Band zu sein. Ich hab einfach Musik gemacht, auf der Bühne Gitarre gespielt. Am Anfang konnte ich die anderen Mitglieder nicht mal angucken, ich habe mich total auf meine Gitarre konzentriert. Mein Fokus lag ganz auf mir selbst und mir ging es darum, meine Fähigkeiten zu verbessern.

Und was denkst du, wenn du in die Zukunft blickst? Wo siehst du dich selbst in zehn Jahren?

miyavi: Ich möchte auf jeden Fall weiterhin Gitarre spielen und vor allem die ganze Welt sehen. Ich hoffe, dass ich weiterhin eine gute Beziehung zu meinen Fans haben werde.

Du hast einmal gesagt, dass du das Genre Visual Kei gerne verändern würdest. Was ist denn deiner Meinung nach schlecht daran und was würdest du gerne ändern?

miyavi: In Japan ist dieses Genre wirklich isoliert. Visual Kei muss ein bestimmter Stil sein, Visual Kei muss japanisch sein. Das gefällt mir nicht und genau deshalb möchte ich die Mauern einreißen. Es ist wirklich so isoliert und die Leute haben verdammt viele Vorurteile. Ich möchte diesen Visual Kei Stereotypen zerstören.

Bei deiner letzten Tour hast du uns in Europa mit den KAVKI BOIZ verschiedene Showeinlagen geboten, die aus dem Rahmen gefallen sind: Beatboxing, Tapdancer, viele kleine Highlights. Hat sich dein Programm mittlerweile geändert?

miyavi: Uhm, nein, das Programm dieses Jahr unterscheidet sich kaum. Es wird immer noch Sachen wie Beatboxing geben, aber weißt du, dieses Mal ist mein originaler Beatboxer leider nicht mit von der Partie.

Du bist ein ziemlich einzigartiger Charakter. Leute stempeln dich schnell als Paradiesvogel ab und dieser Rolle wirst du meist gerecht. Findest du das nicht manchmal einschränkend? Und wie nimmst du dich selbst wahr?

miyavi: Oh, danke (lacht). Mich schränkt das überhaupt nicht ein. Ich bin einfach miyavi. Ich denke, dass ich mich sehr von anderen Bands und Musikern unterscheide, aber genau das ist wichtig, finde ich. Es ist wichtig, aus der Reihe zu fallen, einen originellen Stil zu kreieren, eine ganz neue Welt zu schaffen. Ich habe keine Angst davor, anders als Andere zu sein.

Für das Album "7 Samurai Sessions - We're KAVKI BOIZ -" hast du einige alte Songs neu aufgenommen, darunter "Girls, be ambitious". Warum hast du dich ausgerechnet für die Songs entschieden, die letztendlich neu aufgenommen wurden? Und wie kam es überhaupt dazu?

miyavi: Ich hatte wirklich Lust darauf, einige alte Songs neu aufzunehmen. Ich wollte es versuchen, weil es so viele ältere Songs gibt, die wertvoll sind - für mich und natürlich auch für meine Fans. Deshalb habe ich es gemacht und ich bin echt zufrieden mit dem Ergebnis, obwohl ich die alten, originalen Versionen natürlich auch mag (lacht)!

Der Titel deines Songs "JPN PRIDE" macht neugierig. Kannst du uns sagen, worum es in diesem Lied geht?

miyavi: Oh, es geht um Stolz (lacht), es handelt vom japanischen Stolz. Ich weiß nicht, es ist echt schwer, das Anderen zu erklären, weil es in Japan so viele komplizierte und komplexe Gefühle und Erinnerungen gibt, beispielsweise den Krieg. Es ist einfach so, dass die Werte der Gesellschaft sich permanent ändern, die Geschichte ist kompliziert. Es gab mal eine Art Diktatur und nun leben wir in dieser total modernen Gesellschaft, in der es schwer ist, zu den Wurzeln zurückzukehren. Mir kommt es vor, als würden die Menschen diese historischen Dinge vergessen, so wie Samurai oder gar Ereignisse im Mittelalter, Sachen, die eigentlich von großer Bedeutung sind und mit denen ich mich gerne befasse. Kennst du Sakura? Die japanischen Kirschblüten. Das ist ein typisch japanisches Bild. Selbst wenn sie von den Bäumen fallen, sind sie noch wunderschön, aber die Leute treten einfach darauf, ohne an die jeweilige Kirschblüte zu denken, was sie bedeutet. Aber gerade auf diese landestypischen Dinge sollten die Japaner doch stolz sein, aber das realisieren wir einfach nicht! Wir sind immer in Bewegung, folgen anderen Kulturen. Deshalb versuche ich, in meiner Musik die moderne Kultur mit traditionellen, japanischen Dingen zu mischen. Zum Beispiel Kabuki Rock mit Visual Kei, Hip-Hop und Jazz, ja.

Früher hätte man dich mit Hip-Hop vermutlich eher weniger in Verbindung gebracht, mittlerweile gehört dieser Stil zu dir..

miyavi: Klar! Ich mag Hip-Hop. Zum Beispiel die Rock City Crew, das sind Breakdancer. Sie sind Asiaten und einer von ihnen hat bei meiner Show mal den MC übernommen, ich respektiere sie wirklich. Es gibt ziemlich viele Künstler aus diesem Genre, die ich klasse finde und ich beschäftige mich auch in meiner Freizeit viel damit.

Ich habe letztens dein Interview aus Brasilien übersetzt und gemerkt, dass du das Land sehr gerne magst. Gibt es auch etwas an Deutschland, was du gut findest?

miyavi: Würstchen! (lacht)
Nun, ich mag außerdem die Leute, die sind sehr sehr freundlich und höflich. Ich finde, dass die Deutschen den Japanern irgendwie sehr ähnlich sind. In Japan sind alle Leute sehr freundlich, wo auch immer man ist, in Deutschland ist das genauso.

Wo wir schon beim Thema Ausland sind - du hast jetzt schon einige Male außerhalb Japans gespielt und sicherlich viele Erfahrungen gesammelt. Haben dich irgendwelche Dinge besonders inspiriert?

miyavi: Brasilien. (lacht) Ich habe dort ein Fußballspiel angesehen, das war lustig. Außerdem bin ich zu einem Musikladen gegangen, weil ich mir die Gitarren ansehen wollte. Da gab es einige Musiker und ich hab sie einfach mal angesprochen und dann haben wir eine Jamsession gestartet. Das hat echt Spaß gemacht. Es gibt einfach total viele coole Orte in der Welt, natürlich auch in.... Deutschland (lacht).

Dein Look ist ebenso ausgefallen wie der der KAVKI BOIZ. Wie sieht's aus, habt ihr die Ideen für eure Outfits selbst, oder hilft da ein Designer nach?

miyavi: Nein nein, mein Designer macht das für mich. Ich gebe meine Ideen an ihn weiter, er macht dann die Klamotten.

Gibt es Künstler - ob tot oder lebendig - mit denen du gerne arbeiten würdest bzw. gerne gearbeitet hättest?

miyavi: Klar. Vor allem Underground-Musiker. In Japan gibt es so viele talentierte Künstler, die sind vielleicht nicht Major, haben aber trotzdem viel Talent. Ich erinnere mich noch gut an meine Show, die an Weihnachten stattfand, da waren ein paar BMXer auf der Bühne und die haben meine Musik mit ihren Bikes zum Ausdruck gebracht. Und auch die japanischen Taikotrommler, so was finde ich klasse und mit solchen Künstlern würde ich gerne wieder arbeiten.

Nicht nur das Interesse an japanischer Musik wird immer größer, auch Japan selbst ist mittlerweile ziemlich interessant. Was würdest du jemandem empfehlen, der dein Heimatland besucht? Was sollte er sich ansehen, wo hingehen?

miyavi: Oh, wirklich? Sie sollten sich meine Show in Japan ansehen (lacht). Hm, es gibt so viele verschiedene Orte, die man sich ansehen sollte.. Harajuku und Akihabara zum Beispiel. So viele verschiedene Gesichter. Keine verschiedenen Kulturen, aber unterschiedliche Geschmäcker und Styles. Wer Japan besucht, sollte in Tokyo einfach herumlaufen, weil es dort so viele Dinge zu sehen gibt, alles so vielseitig ist. Also, lauft einfach herum und ihr werdet die Unterschiede sehen!

Vielen Dank für das Interview!


miyavi ist ein Künstler, der Grenzen überwinden und Mauern einreißen will. Dass er das ernst meint, merkt man nicht nur daran, dass er es immer wieder betont, sondern auch an seiner einzigartigen Show. Als er kurz nach unserem Interview die Bühne der gut besuchten Live Music Hall in Köln betrat, sorgte er nicht nur bei seinem treuen Publikum für gute Stimmung, sondern brachte sogar todernste Türsteher zum Tanzen. Mit einem guten DJ, einem verrücktem Tabdancer, einem Rapper und Beatboxing sorgte er für reichlich Abwechslung und in der perfekt durchgeplanten Show war tatsächlich noch Platz für etwas Spontanität: Als die Fans lautstark den alten Hit "Freedom Fighters" verlangten, wurde dieser zumindest halbwegs gespielt, was miyavi der Erfüllung seines Wunsches, ein gutes Verhältnis zu seinen Fans zu haben, noch näher brachte.

Mit seiner Musik kreiert miyavi in der Tat einen ganz speziellen Sound und bleibt dabei sich und seinen japanischen Wurzeln treu. Wer Musik abseits des üblichen Visual Kei Sounds genießen will, dem sei miyavi wärmstens empfohlen.
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