Konzertbericht

Sugars "antlion style" Konzert in der Duo Music Exchange

05/11/2008 2008-11-05 12:00:00 JaME Autor: Kiri Übersetzer: Geisha

Sugars "antlion style" Konzert in der Duo Music Exchange

Sugars erstes im Sitzen stattfindendes Konzert enführte ihre überraschten Fans auf eine wundersame musikalische Reise.


© Sugar
"antlion style" war ein ganz besonderes Konzert für Sugar, nämlich das erste, bei dem sie im Sitzen spielten, und bei dem Klassiker aus ihrem sonst üblichen Visual Kei Repertoire in einer weiten stilistischen Bandbreite, die kein Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts auszulassen schien, neu arrangiert wurden. Die Jazz Club Atmosphäre der Duo Music Exhange, wo Stühle in ordentlichen Reihen der Bühne zugewandt standen, auf der Sugar in ihrer dunklen Gothic-Kleidung eine erstaunlich andersartige und erfrischende Performance geben sollten, passte bestens in dieses Konzept.

Die Show began mit "rotten words for dear" und "Toiki meku shitsudo", die das Publikum auf den heissblütigen Jazz-Stil einstimmten, der den Abend dominieren sollte. Es war seltsam, ja sogar etwas beunruhigend, plötzlich diese fremdartigen Interpretationen von bis dato aggressiven Songs zu hören. "Berry" begann mit einem funkigen 70er Jahre Beat, begleitet von einer 60er Jahre Mod-Atmosphäre, die durch den Hammond Orgel Sound des Keyboards hervorgerufenen wurde und die Jahrzehnte in einem berauschenden Wirbel von Musik vermischte. Die Fans, die sich bis zu diesem Augenblick still verhalten hatten, begannen, auf ihren Stühlen mitzuklatschen.

"Aku no hana saku yume no mata yume" überraschte mit einem neuartigen Abstecher zu Big Band Jazz. Lokis Gesang klang anfangs ein wenig seltsam, harmonierte jedoch schliesslich mit der Musik. Sugars typischerweise düsteres Rock-Repertoire plötzlich in funkige Jazz-Arrangements umgewandelt zu hören, war jedoch weiterhin ein bizarres Erlebnis. Bei "Aku no hana saku" waren allerdings deutliche Visual Kei Elemente in dem Sound zu erkennen, der ansonsten direkt aus einem verrauchten 30er Jahre-Club zu kommen schien. Einen wunderschönen Augenblick der Ruhe stellte der Übergang von "Aku no hana saku" zu "JAM" dar: alle Instrumente schwiegen, nur das Klavier spielte eine sanfte, anmutige Melodie. Als diese Melodie langsam in die Noten von "JAM" überging, gesellte sich SIZNAs Progressive Rock-Gitarre hinzu, bevor der Song eine seltsame Wendung in Richtung 20er Jahre Charleston nahm.

Obwohl dies erst der fünfte Song des Abends war, sollten Sugar ihr Publikum weiterhin überraschen, indem sie die Musikstile sämtlicher Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts anrissen. Lokis Gesang gewann ebenfalls an Klangfarbe je länger die Performance dauerte und fügte sich immer harmonischer in die Musik ein.

Schliesslich legten Sugar eine kurze Pause ein, um ihre Support-Musiker für dieses besondere Konzert vorzustellen: Keyboarder Yoshino und Saxophonist Yasuda. Die Bandmitglieder unterhielten sich noch ein Weilchen darüber, dass es ungewöhnlich für eine Visual Kei Band sei, ein solches Konzert zu geben, sowie darüber, dass die Support-Mitglieder vor dieser Zusammenarbeit nichts über Visual Kei gewusst hatten. Zum Schluss der MC wurde die neue Single "antlion" vorgestellt. Der Swinging Sixties Sound der Hammond Orgel kehrte zurück und die Zuschauer klatschen im Takt mit Yasudas Einleitung. Er spielte eine leichte, verspielte Melodie über kräftigen Bassrythmen, die sich zusammen mit Lokis melancholischem Gesang zu einem echten Stück Retro Rock vereinten. Es war faszinierend, einerseits die offensichtlichen Visual Kei Merkmale in diesem Retro Chic Sound zu hören, während andererseits Bassist Shingo, als er und Schlagzeuger atsuto zusammen jammten, sein Bestes gab, um sein Instrument wie einen Kontrabass klingen zu lassen.

Dem Publikum war keine Atempause vergönnt als "Jakou tadayou naka de" es in die 80er Jahre entführte, wobei das Saxophon im Refrain an The Eagles erinnerte. "Danshi to Kuroneko" kam noch heissblütiger daher, als Keyboard und Saxophon zusammen eine hinreissende, verlorene Melodie woben, die dem ursprunglich sexy klingenden Visual Kei Song mittels eines Bossa Nova Beats eine Extraportion Charakter verlieh - die perfekte musikalische Synthese!

Auf eine weitere MC folgte "scAtter iN the depTh (antlion version)", ein monumentales Stück Musik und so weit von seinem Original entfernt, dass es beinahe nicht zu erkennen war. Viele Visual Kei Bands scheinen derzeit monumetale Werke zu produzieren, man denke nur an NoGoDs "Aozora". Die Inspiration für dieses Arrangement von "scAtter iN the depTh" schien eine komplexe Mischung aus Pink Floyd, "The END" von The Doors (das in der Schlussszene von Apocalypse Now zu hören ist) und Jimi Hendrix gewesen zu sein. Schliesslich kehrte der 60er Jahre Funk Beat zurück als jedes Bandmitglied die Möglichkeit erhielt, mit einem kurzen Solo zu glänzen. atsutos Schlagzeugsolo begann mit einem wilden Ungewitter, das sich zu einem beinahe primitiven, dunkel-progressiven Beat verlangsamte. Es wurde alsbald von rasanten Gitarrenakkorden und zaghaften indischen Sitar-Klängen begleitet, die zusammen mit Yasudas Flöte der Musik ein 70er Jahre Hippie-Feeling verliehen, jedoch gleichzeitig auch ein gewisses Gefühl der Vorahnung, das apokalyptische progressive Musik oft begleitet. Loki wiegte sich auf seinem Stuhl wie in Trance hin und her als die Instrumente sich zu einem chaotischen Musikwirbel vermischten, der seinen Höhepunkt in einem dissonanten, rasenden Sound fand. Es war eine atemberaubende Erfahrung, gegen den der Rest der Show einen schweren Stand hatte.

Mit der kürzlich erschienenen Single "Blossom" kehrte das Saxophon zurück und brachte Erlösung von dem Wahnsinn von "scAtter iN the depTh". Die Performance wurde wieder sanft und sexy, erschien jedoch trotz einiger netter Gitarreneffekte plötzlich auch recht langweilig. Hätten Sugar das Konzert mit "scAtter iN the depTh" beendet, hätten sie ihr Publium mit Gänsehaut am ganzen Körper zurückgelassen, aber "Blossom" und "Biyaku" stellten eine Antiklimax dar. Das Finale begann heavy und mit einem Ska-Beat. Es lag eine gewisse Ironie darin, dass dieser letzte Song eher so klang, wie man es von Visual Kei erwartet, als ob Sugar ihre Wurzeln nicht gänzlich hinter sich lassen wollten.

Die Zugabe ließ nicht lange auf sich warten, als atsuto zurückkehrte und das Wort an die Fans richtete. Er fragte sie, wie es ihnen gefallen habe, bevor er sie dazu aufforderte, zu klatschen und nach dem Keyboarder zu verlangen, der nun seinerseits Lokis Stuhl für eine kurze Ansprache auslieh. Er erzählte den Zuschauern, dass er eigentlich ein Jazzfan sei und nur wenig über Visual Kei wisse, und deshalb sehr überrascht war, dass Sugar diese Art von Konzert spielen wollten. atsuto schien dem grösstenteils zuzustimmen. Als nächstes wurde Gitarrist SIZNA herausgerufen, der ebenfalls einige Worte über den Beitrag des Keyboarders zu diesem Abend loswurde.

Die Zugabe began mit "Spain", einem Instrumentalstück, in dessen Mittelpunkt das Keyboard stand. Die beschwingten südlandischen Melodien tauchten den Raum in eine kosmopolitische Atmosphäre, in der Shingos Bass-Solo besonders interessant wirkte, da er sein Instrument mit Sliding-Effekten spielte, wie sonst eine Gitarre. Nun kehrte auch Loki mit einem höflichen "Guten Abend" auf die Bühne zurück. Die zweite Zugabe, "Kienai ame suji", war eher als Visual Kei zu erkennen als die erste, obwohl sie noch immer einen Hauch Bossa Nova beibehielt, der perfekt mit der Komposition harmonierte. Dies leitete zum letzten Song der Zugabe, "Sleepy", über, mit seinem unglaublich poppigen Sound, der bisweilen fast an Reggae grenzte. Vor diesem Konzert hätte ein derart sanfter Song eine Überraschung dargestellt, doch nun trugen Sugar ihn so überzeugend vor, dass man die Band wohl nie wieder mit den selben Augen sehen wird.

Sugar verliessen die Bühne ein zweites Mal, Loki und SIZNA kehrten jedoch bald wieder zurück und spielten zusammen eine recht hübsche akustische Version von "Doukaku", wobei sich Lokis Stimme über SIZNAs sanfte Gitarrenakkorde erhob. Dann kündigten sie den endgültig letzten Song des Abends, "Tsuki no naki asa wo warau hana", an, während sich die übrigen Bandmitglieder zu ihnen gesellten. Das Finale war ein ausgezeichnetes Arrangement, bestehend aus tremolierenden 70er Jahre Gitarren, lieblichem Saxophon und Lokis leidenschaftlichem Gesang. Er forderte das Publikum dazu auf, den Refrain mitzusingen, als der Song mit einem wunderschönen Saxophon-Solo von Yasuda endete.

Dies war jedoch immer noch nicht das endgültige Ende, denn es folgte noch eine dritte Zugabe, bei der alle Bandmitglieder sich zu einer Unterhaltung auf der Bühne einfanden, und als Sugar die Bühne betraten, erhielten sie eine wohl verdiente Standing Ovation vom Publikum. Jeder Song dieses Abends enthielt eine Überraschung, die dieses erste "antlion style" Konzert zu einem denkwürdigen Ereignis machte.

Set List:

1. rotten words for dear
2. Toiki meku shitsudo
3. Berry
4. Akuno hana saku, yume no mata yume
6. JAM
7. antlion
8. Jakou tadayou naka de
9. Danshou to kuroneko
10. scAtter iN the depTh
11. Blossom
12. Biyaku

Encore 1:
13. Spain
14. Kienai ame suji
15. Sleepy

Encore 2:
16. Doukaku
17. Tsuki no naki asa wo warau hana
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