Interview

Interview mit lecca

24/12/2008 2008-12-24 12:00:00 JaME Autor: Kay Übersetzer: Laura

Interview mit lecca

Nach der Veröffentlichung ihres vierten Albums 'City Caravan', führte JaME ein Interview mit der jungen Reggae/Dancehall Sängerin/Songwriterin


© Avex Entertainment Inc.
Die talentierte Sängerin und Songwriterin lecca ist langsam aber sicher im Begriff, sich mit ihrer eingängigen Musik und starken Stimme in der japanischen Reggae/Dancehall Szene zu etablieren. Ihr neues eindrucksvolles Album, "City Caravan", welches im Sommer diesen Jahres veröffentlicht wurde, hat eine Menge Staub aufgewirbelt und wir ergriffen die Möglichkeit, um die Künstlerin näher kennenzulernen und mit ihr über ihr neues Album zu sprechen.

Vielen Dank, dass du dieses Interview mit uns führst. Könntest du dich bitte den Lesern, die dich noch nicht kennen, vorstellen?

lecca: Schön, eure Bekanntschaft zu machen. Ich bin lecca, Sängerin und Songwriterin.

Wann hast du das erste Mal über eine Musikkarriere nachgedacht? Gab es eine bestimmte Person oder ein bestimmtes Ereignis, das dich zu dieser Entscheidung bewogen hat?

lecca: Ich hatte einen vagen Traum als 19- oder 20-jährige College-Studentin. Eine Menge Leute zu treffen, war das, was mich wirklich überzeugt hat eine Musikkarriere zu verfolgen, glaube ich. Ich war Mitglied in einem Gesangsclub und habe dort oft Organisatoren, Sänger, Rapper, ältere Schüler, Freunde und sogar Lehrer getroffen. Und ich habe Leute aus Kanada und den USA getroffen. Wegen all diesen Menschen bin ich nun die, die ich bin.

Was reizt dich an Reggae Musik? Im Allgemeinen ist Reggae kein besonders etabliertes Genre in Japan, was hat dich also dazu bewogen, diese Richtung einzuschlagen?

lecca: Hm? Ich dachte Reggae ist ein sehr populäres Genre in Japan. Ich dachte amerikanische Country Musik ist um einiges unbekannter... Ich denke meine Hingabe zu Reggae wurde ausgelöst, als ein Rastamann in Kanada zu mir sagte: "Reggae ist frei, also sing wie es dir gefällt." Egal welcher Style, egal welche Sprache, alles ist okay. Ich habe mich in diese Aufgeschlossenheit, alles zu machen, was immer ich ausdrücken kann, verliebt.

Wie komponierst du normalerweise deine Songs?

lecca: Ich gehöre zur 90-er Generation, die Platten gehört hat, deshalb mache ich grundsätzlich zuerst einen Track (Riddim). Dann beschäftige ich mich mit dem instrumentalen Part und spiele ihn richtig laut, während ich überlege welche Art von Song ich drauflegen möchte. Ich füge lieber einen Chorus ein, als einen Solovocal.

Nenne ein paar deiner musikalischen Einflüsse.

lecca: Ich könnte zwar niemals an seine Musik herankommen, aber ich denke, dass niemand besser ist als Ludacirs, mit seinen komplizierten, cleveren Lyrics und seiner durchströmenden und ernsten Botschaft. Er ist überzeugend und sein Sound ist perfekt. Er ist ein König. Mary J. Blige vermittelt Empfindungen, besonders für Frauen. In Bezug auf Reggae: Chevelle Franklyn, die uns denken ließ, sie sei eine Schwester Arethas. Was Dancehall anbelangt - Sean Paul, der auf sehr eigentümliche Weise gesungen und einen ziemlich berauscht hat. Buji, der seinen Ausdruck ändern konnte, wie es ihm gefiel, Lady Saw, die aggressive Songs sang und die Frauen pries, und die innigen, warmen Botschaften von RYO THE SKYWALKER. Was das Kreieren von Tracks angeht - es wechselt, aber ich wurde sehr von Hip Hop beeinflusst.

Hast du irgendwelche bestimmten Themen oder Botschaften, die du gerne mit deinen Songs vermitteln würdest?

lecca: Ich möchte sagen, dass es nicht nur eine Lösung gibt. Es gibt keine Regel. Wenn du nicht aufgibst und es immer weiter versuchst, wirst du einen Weg finden. Werte andere nicht ab, aber achte dich selbst. Schaue niemals auf andere herab oder greife sie an, versuche dennoch hart daran zu arbeiten, ein besserer Mensch zu werden.

Es heißt, du schreibst deine Songs wie Einträge in ein Tagebuch. Hast du dich jemals unwohl bei dem Gedanken gefühlt, deine privaten Gedanken vor dem Publikum zu präsentieren?

lecca: Songs zu schreiben hat sich niemals schmerzhaft für mich angefühlt. Ich denke, dass ich mich mehr offenbaren möchte. Es ist schmerzhafter für mich, nur mit einem Song in Verbindung gebracht zu werden: "Lecca ist genau das." Ich bin menschlich, also habe ich viel Facetten. Ich bin schwach, aber manchmal bin ich stark. Wenn du nur meine starke Seite nehmen und sagen würdest "Zeig niemals Schwäche, denn du bist eine starke Frau!", würde ich dem mit Nachdruck widersprechen. Ich würde sagen, "Weißt du nicht, dass das weibliche Herz wie ein Herbsthimmel ist?" Ich schreibe auch wie in mein Tagebuch, aber momentan schreibe ich manchmal über Geschichten die ich von meinen Freunden gehört habe und so weiter. Ich mag es, die Szene wie in einem Drama zu inszenieren und die Gefühle der Hauptfigur zum Ausdruck zu bringen. Daher denke ich immer, dass ich eine bessere Schöpferin als Sängerin wäre, da ich zu viele Seiten habe.

Auf deinen Alben "Otaku girls no Utage" und "Urban Pirates", sind einige Songs zu finden, die sich darauf konzentrieren, Mädchen Mut zu machen, wie zum Beispiel "What a girl can do". Hattest du als Frau jemals Probleme in der japanischen Musikindustrie, die überwiegend von Männern dominiert zu sein scheint?

lecca: Vor meinem Einstieg in die Musikwelt, habe ich eine Menge erlebt. Egal ob in Japan, Kanada oder New York - wenn eine Sängerin in einem Club auftritt, gibt es manchmal ein Mädchen, das sich mit einer wichtigen Person zusammentut um die Stufen des Erfolgs zu erklimmen. Es gibt Fälle, in denen ein Mädchen, welches auf Parties geht, um einen speziellen Förderer zu finden, schneller Erfolg hat, als das Mädchen, das hart arbeitet und jeden Tag Songs schreibt. Außerdem gibt es viele Männer, die Lügen erzählen und Kontakte und Möglichkeiten anbieten, um diese Mädchen zu gewinnen. Ich habe diesen Song geschrieben, da ich diese Mädchen ermutigen und ihnen den Rat geben wollte, sich nicht zu leicht von diesen Männern verletzen zu lassen, denn ich weiss, dass es viele von ihnen da draussen gibt.

Nach deinem Abschluss, hast du ein halbes Jahr in New York und Toronto verbracht, wo du auch in lokalen Clubs aufgetreten bist. Wie war diese Erfahrung für dich? Denkst du, dass du als Mitglied der US-Musikszene etwas gelernt hast, das du in Japan nicht gelernt hättest?

lecca: Ich konnte nie gut performen, ich habe es aber für die Leute um mich herum getan, die mich dazu aufgefordert hatten. Ich glaube ich sang, während ich mich darauf konzentrierte, mein Herz und meine Seele in die Songs zu legen, "hört mir einfach zu!", aber wenn ich jetzt zurückblicke, ist es mir ein bisschen peinlich. Jeden Tag wurde ich aufgefordert, zu singen, egal ob in einem Club, Cafe, Studio, Raum oder Auto, also dachte ich einfach, Amerikaner (oder Kanadier) seien großartig. Nachdem ich gesungen hatte, wurde ich oft gebeten, aufzutreten. Dieser Fluss innerhalb eines Gesprächs erschien mir sehr echt und natürlich. Ich habe viel von ihrer Einstellung gelernt.

Da wir gerade übers Ausland sprechen, würdest du auch gerne in Übersee performen? In welchen Ländern würdest du gerne auftreten und warum?

lecca: Nun, wenn man zunächst das Wort Performance außer Acht lässt, ich möchte nach Afrika, Indien, Asien oder Marokko reisen, dort wo die traditionelle Musik geformt und etabliert wurde. Und ich möchte mit den Leuten an diesen Orten spielen. Ich möchte auch mit Folkmusik in Verbindung mit Gebeten und Festen in Berührung kommen.

Ende Juli hast du dein drittes Album, "City Caravan", veröffentlicht. Hattest du ein Konzept im Kopf, bevor du mit der Arbeit an diesem Album begonnen hast? Wenn ja, welches und wie hast du es umgesetzt?

lecca: Wie der Titel schon sagt, ist das Konzept Teil einer Karawane zu werden und im Alltagsleben zu reisen. Eigentlich hatte ich die Idee schon vor vier Jahren, als ich den ältesten der Songs dieses Albums, "City Caravan", geschrieben habe. Der Anlass zu diesem Song war, dass ich dachte, in Tokyo gäbe es zwar alles, aber es ähnele der Wüste, da es schwierig sei in dieser Stadt zu leben.

Beim Hören des Albums fällt auf, dass es einen sanfteren Klang hat, als die vorhergegangenen. War der weichere Sound eine bewusste Entscheidung, oder ist er einfach bei der Arbeit am Album entstanden?

lecca: Ich denke, es liegt an meinem Alter... Ich bin nicht mehr so unruhig wie mit zwanzig. Nun bin ich nicht mehr in der Lage, die Gesellschaft oder andere Leute anzugreifen, da ich herausfand, dass auch ich Schwachstellen habe. Nun hat die Musik, die ich höre, herausstehendere Vocals. Vor fünf Jahren habe ich immer Dancehall Musik gehört, aber dieses Jahr höre ich jah cure, daville, kevin michael, kevin lyttle... Ich mag immer noch Dancehall, aber ich denke, dass sich diese Seite von mir abschwächt. Ich möchte geheilt werden und andere Leute heilen. (lacht)

Das Artwork des Albums vermittelt einen nomadenhaften Eindruck, das gleiche gilt für den Titel "City Caravan". Welche Geschichte verbirgt sich hinter diesem Namen?

lecca: Er war mehr ein Titel für einen Song als für ein Album. Und er war auch der Kern des Konzepts. Ich habe mir Nomaden vorgestellt, aber mehr noch die Herden in der Wüste: die Bedouin. Die Bedouin leben noch immer in der Wüste. Sie schätzen ihre Familie, ihr Leben, respektieren die Alten und bringen ihren Kindern bei, was wichtig ist. Während ich in Tokyo lebe, liebe ich meine Familie, möchte auf die Worte meiner respektierten Älteren hören und ich denke immer, dass ich Kindern nichts Falsches vermitteln möchte.

Der Song "CIRCUIT BUS" wurde vom jamaikanischen Produzenten Chrsitopher Birch produziert und ist eine Zusammenarbeit mit der Gruppe Voicemail. Kannst du uns erzählen wie diese Kollaboration zustande kam?

lecca: Ich wollte ursprünglich einen Song mit Voicemail aufnehmen und habe letztes Jahr mit ihnen Kontakt aufgenommen. Als ich sie fragte, ob wir zusammenarbeiten könnten und welches Riddim besser für sie wäre, gab mir oniel den Namen Birch. Der zu dieser Zeit populäre "Military Riddim" wurde von Birch produziert, also fragte ich ihn: "Kann er mit uns zusammenarbeiten?" und er sagte "Er wird es machen, denn er ist ein guter Mann!", so wurde es beschlossen.

Das PV "ai&lie&wine", das auch auf dem Album zu finden ist, unterscheidet sich sehr von deinen bisherigen Videos. Warum hast du dich für diesen Typ Video mit den verschiedenen Tänzerinnen entschieden, antstatt wie üblich eine Art Geschichte zu erzählen?

lecca: Ich mag Videoclips, die eine Geschichte erzählen, aber bei "ai&lie&wine" denke ich, dass es dank der Tänzerinnen eines Freundes möglich war, dieses Video so zu machen. Als ich dabei war den Song zu machen, hatte ich mir ein Bild vorgestellt, in dem sie alle auftraten und die Kamera herausforderten. Es gab ein paar Aufnahmen und Kameraeinstellungen, die ich ausprobieren wollte, aber ich bin keine Regisseurin (obwohl ich es eines Tages versuchen werde)...

Der Song "City Caravan III", ist in zwei Parts aufgeteilt, "Ieji hajime und "Ieji Owari". Kannst du uns bitte etwas über die Bedeutung dieses Songs erzählen und warum es zwei Parts gibt?

lecca: Hmm, das war ein Vorschlag meines Directors, deshalb gibt es keinen wirklichen Grund dafür. Aber wenn es ein Song gewesen wäre, wäre er zu lang für das Interlude gewesen.

Bei dem Song "BELLE EPOQUE" ist auch SOUL'd OUTs MC Diggy-MO zu hören. Wie war es, mit ihm zusammenzuarbeiten? Wer ist für welchen Teil des Songs verantwortlich?

lecca: Ich dachte mir, ich sollte keine Songs zusammen mit Leuten machen, die ich sehr respektiere. Ich mache nur Spass. Es ist ein Familienschatz geworden. Ich respektiere Diggy, deshalb habe ich beim Schreiben dieses Songs sechzig Mal länger, als gewöhnlich gebraucht. Es hat mich so viel Zeit gekostet weil... ich dachte mir "Ich kann Diggy das nicht mit einem schlechten Track singen lassen und wenn seine Fans das hören, möchte ich, dass sie es cool finden." Ich habe einen Monat damit verbracht diesen Track zu machen und einen weiteren brauchte ich, um die Lyrics zu schreiben. Diggy mochte den Riddim, den ich gemacht hatte und nach diesem schrieben wir beide separat unsere Lyrics. Wir einigten uns vage auf das Thema "music is best" und schrieben dann unsere Texte, also war es sehr hart. Als wir dann tatsächlich auf den Aufnahmen gemeinsam sangen, klangen die Texte nicht natürlich, also schrieb ich meine Strophe neu. Am zweiten Tag der Aufnahmen betraten wir dasselbe Studio. Es war sehr anregend, dass Diggy mir so viele Vorschläge machte, wie ein Lehrer. Das Herz des Songs sind die Lyrics in Diggys Strophe!
Bitte schaut euch diese Lyrics an, die uns allen so viel Mut machen.

Welcher der Songs ließ sich am schwierigsten umsetzten, welcher am leichtesten, und aus welchem Grund?

lecca: Der schwierigste Song war bei weitem BELLE ÉPOQUE. Der leichteste war... alle anderen Songs waren einfacher, denke ich, aber ich kann nicht sagen, dass sie leicht waren... Nun, ich kann keinen nennen. Es tut mir leid.

Was bevorzugst du: Die Arbeit im Studio oder Live-Auftritte? Und aus welchem Grund?

lecca: Natürlich gefällt mir die Arbeit im Studio. Wenn ich könnte, würde ich jeden Tag nur Musik machen. Ich meine es ernst. Wenn jemand an meiner Stelle performen könnte, denke ich, dass ich das dieser Person überlassen würde.

Du bist bereits mehrere Male auf diversen großen Sommerevents aufgetreten. Wie fühlt es sich an, vor Festivalpublikum aufzutreten, anstatt vor dem auf deinen Shows? Macht es dir Spass, deine Musik auf diesem Weg neuen Leuten vorzustellen?

lecca: Obwohl ich nicht oft auftrete, macht mir das Singen auf großen Festivals Spass, es ist heiß. Allerdings ist das Publikum, verglichen mit dem in den Clubs, anders, also ist es ein bisschen komisch. In einem Club kann ich einen MC machen, in die Gesichter der Leute schauen, Sachen werfen und Sachen überreichen. Ich frage mich, ob es Spass macht, meine Musik über Events zu verbreiten? Ich bin mir nicht sicher.

Was sind deine Pläne für die Zukunft? Hast du schon Ideen für neue Songs?

lecca: Solange ich Zeit habe, mache ich jeden Tag Songs. Es ist eine Schande, dass ich mich dabei einschränken muss, wenn meine Kehle wehtut, weil ich zu viel gearbeitet habe. Wenn ich kann, möchte ich zwei Songs am Tag machen und fünfzig in diesem Monat. Gestern bekam ich einen wunden Hals nach anderthalb Songs, also habe ich aufgehört. Für die nächsten paar Monate werde ich jedes Wochenende ein Livekonzert geben, also werde ich versuchen, mir mehr Zeit zu nehmen um Songs zu machen. Ich habe es vorhin schon gesagt, aber ich glaube, dass ich glücklich damit wäre, mich nur aufs Musikmachen zu konzentrieren.

Hast du zum Abschluss eine Nachricht an unsere Leser?

lecca: Ich suche eine Person, die meine Songs singt! (lacht) Vielen dank, dass ihr das Interview gelesen habt. Wenn ihr euch für mich interessiert, bitte hört euch meine Musik an.

Vielen dank, dass du dir die Zeit genommen hast, unsere Fragen zu beantworten!

JaME möchte lecca und Avex dafür danken, dieses Interview möglich gemacht zu haben.
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