Review

Panic Channel - THE LAST

04/08/2009 2009-08-04 13:50:00 JaME Autor: Viktor Hemminger

Panic Channel - THE LAST

Aus zwei mach eins - das etwas andere Best of

Album CD + DVD

THE LAST

Panic Channel

Künstler: Panic Channel / PANIC ch
Titel: THE LAST
Typ: Album
Veröffentlichung: Juli 2009
Stil: Pop-Punk, Rock, Metal
Bewertung: 8.0 / 10

Tracks:

01. SPARKING
02. Pink Cherry
03. Peace
04. Catch~walk up to the continue~
05. fairy
06. Zassou~Be awake~
07. one's life
08. Energy
09. together
10. EMERALD
11. Esa
12. Kodoku Mousou
13. Unfiction
14. Iyagarase
15. Naifu (Knife)
16. Kakusei Vanilla
17. Mujou Mayaku
18. Jewel


"THE LAST" erschien in Japan in den Versionen "infinity" und "colors", die beide jeweils 16 Lieder der beiden Alter Egos der Gruppe in neuen Gewändern an den Fan brachten. Hierzulande sortierte man offenbar vierzehn Stücke aus und fasste den Rest zu einer exklusiven europäischen Pressung zusammen. Es scheint, dass die ersten neun Stücke der Gruppe Pannic Channel zugeordnet werden können, und die zweite Hälfte eben PANIC ch. Wenn man jetzt noch wüsste, wer welches Genre repräsentiert... Da sich der Autor - mit Ausnahme einer kürzlich verfassten Rezension - schon länger nicht mit dieser Band befasst hat, kann ein Vergleich zu den ursprünglichen Versionen leider nicht angestellt werden.

"SPARKING" hört sich anfangs ein wenig seltsam an. Beim Versuch einen Pop-Punk-Song zu spielen, den sie wohl in den ersten Jahren ihres Bestehens geschrieben hatten, scheitert die Band an der unüberhörbar vergangenen Jugend. Erst mit der Zeit gewöhnt man sich an diesen an sich sehr gediegenen Song. Erfindet das Rad nicht neu, weiß aber zu bewegen - wenn man es schafft, innere Bilder über den fiktiven Zustand der Gruppe zu unterdrücken. "Pink Cherry" reiht sich direkt in das Fahrwasser des ersten Songs ein. Ohne größere Variationen präsentiert man auch hier akzeptablen Pop-Punk. Gelegentlich kommt man damit fast an BALZAC heran, jedoch bleiben da doch noch einige Welten dazwischen. Und auch "Peace" befindet sich nicht gerade im Gravitationsfeld von Auszeichnungen für anspruchsvolle Kompositionen. Da es aber angenehm simpel und mit zahlreichen Gröhl-Parts versehen ist, kann man sich auch damit anfreunden.

Der vierte Track bietet charttauglichen Pop-Rock. Auch hier gilt: sehr angenehm im Geschmack und im Abgang, jedoch kein ausgezeichneter Jahrgang. Wie Wein aus dem Tetrapack wird auch dieser Song sicherlich seine Fans finden. "fairy" wiederum weiß zu überraschen. Der Anfang ist anständig brachial, und auch danach hält man ein gewisses Niveau: eigentlich der erste wirklich akzeptable Track auf der Platte, sodass auch Freunde der härteren Gangart diesen Song goutieren dürften. "Zassou" überrascht noch mehr, da hier Metal geboten wird. Zwar bewegt man sich damit nicht auf den höchsten Evolutionsstufen dieses Genres, aber auch das reicht vollkommen aus. Hier kommen Nu-Metal, Punk und Todesgrowls zusammen. Und das hat einen gewissen Reiz.

Heureka! Mit "one’s life" präsentiert die Band einen richtig ausgewogenen Songtitel. Ebenfalls von Nu-Metal beeinflusst, bekommt man eine gediegene Melodie serviert, die mit allerlei Spielereien verfeinert wird. "Energy" bietet gewisse Elektronik-Elemente und mixt diese mit Metal. Man nehme ein wenig Linkin Park und dazu etwa die gleiche Menge KoЯn, die andere Hälfte fülle man mit Hass, mische das Ganze und man bekommt einen guten "Energy"-Drink (Anmerkung des Autors: Für diesen schlechten Wortwitz ist die Band selbst verantwortlich. Sie hätte auch einen weniger herausfordernden Titel wählen können). Interessanterweise war dieser Song auf der "J-Visual[ism] 2"-Kompilation der Alter Ego-Seite zugeordnet worden. Den Abschluss der Panic Channel-Hälfte macht schließlich "together". Ebenfalls ohne Fehl und Tadel, für den gelegentlichen Metal-Hörer bestens geeignet - konsequente Metallurgen dürften dem Ganzen jedoch weit weniger Geschmack abgewinnen. Hat im Refrain ein wenig Pop, aber bei der Härte der Nu-Metal-Strophen und der dezenten Doublebass ist dies keinesfalls ein Manko.

"EMERALD" beginnt dagegen zwar wie stinknormales Pop-Geplärre aus den Charts, anstelle einer Ballade bekommt man hier jedoch balladesken Rock geboten. Irgendwo zwischen dem Jetzt und der Klassik des VK angesiedelt, bringen die Jungs erstmals auf dem Album Gitarrensoli. Deutlich Oldschool-orientierter zeigt sich "Esa". Temporär könnte man den Song mit dem Übergang von Matina zu UNDER CODE datieren, hätte die Band zu jener Zeit bereits bestanden. Das ist klassischer VK in Reinkultur: hart, aber melodisch. Und dann findet sich doch tatsächlich noch ein Song, den man von früher kennt - und man fragt sich, was daran neu eingespielt sein soll. "kodoku mousou" ist in den Strophen hart wie Asphalt und wandelt sich im Refrain - oder das, was man für diesen halten mag - in einen leichten Sommerschauer, der diesen benässt. Mit Ausnahme des "Refrains" bleibt der Song allerdings ein wenig blass.

Auch das folgende "Unfiction" bietet nur wenig Überraschendes für diese zweite Hälfte. Durchaus gut gemeint und gut geschrieben, kann der Song einfach nicht ganz mit den anderen mithalten - auch wenn man eingestehen muss, dass der Refrain seine Sache sehr ordentlich macht. Und diese Gitarren... okay, es ist doch gut. Man sollte beim Parallelrezensieren eben nicht nach der ersten Minute urteilen. Dagegen macht "Iyagarase" fast alles richtig; aber eben nur fast. Denn ein Teil der Strophe ist für den harmonischen Metal-Hörer nur schwer verdaulich. Es mag nur eine Winzigkeit sein, aber bei dem bis dahin gebotenen Niveau macht schon das den Unterschied aus. Und der Teil, der ab etwa der vierten Minute folgt, ist derart epochaler Kitsch, dass es auch der Normalhörer kaum aushalten mag. Das folgende "Knife" (oder eben "Naifu") lässt dem Gesang dagegen etwas wenig Raum. Anders gesagt: Der Song wirkt etwas schlecht abgemischt, da der sonst eher vordergründige Vokalist hier doch sehr aus dem Off kommt. Da können die Gitarren leider auch nichts mehr retten.

"Kakusei Vanilla" hat einen Schlagzeugopener wie aus dem Lehrbuch. Danach wird es gemäßigt hart, zumindest im Durchschnitt betrachtet. Der szenenübliche Wechsel von Metal zu Pop-Rock erfolgt hier recht gekonnt. Ist zwar ebenfalls keine vergoldete Plastikstatue wert, aber wer braucht schon "ausgezeichnete" Songs - das verdirbt nur den Charakter. "Herzlose Drogen", so lautet eine der Übersetzungsmöglichkeiten von "mujou mayaku" ins Deutsche. Tatsächlich bekommt man eine gewisse Sentimentalität zu hören, die wohl das Besungene anprangert. Es ist eines dieser Stücke, die nebenbei wohl eine herzzerreißende Geschichte erzählen - wenn man denn nur Japanisch könnte. Der traurige Grundton und die tollen Gitarren gleichen diesen klassischen Fehlgriff jedoch wieder aus und wenden das Stück deutlich zur besseren Seite. Wenn das Quintett doch wenigstens seichten Pop-Rock machen würde - dann wäre zumindest verständlich, warum im Rahmen von 18 Stücken gleich zwei Songs nach Edelsteinen benannt sind. Dabei zeigt sich "Jewel" als Pop-Ballade der gehobenen Klasse. Keine unnötigen Spielereien, sondern ein gemächliches Tempo, die richtige Betonung in der Stimme und dezent gespielte Instrumente.

Fazit:
Ein schwer einzuschätzendes Album. Zwar könnte man es tatsächlich als "The Best of the Best" bezeichnen, damit hätte man aber noch nichts über das Niveau ausgesagt. So muss man die Platte wohl zweierlei bewerten. Für sich allein genommen ist das Album richtig gut, auch wenn gewisse Teile - vor allem aus der ersten Hälfte - eher herz- und belanglos klingen. Die Menge der guten Songs macht es aber aus. Betrachtet man hingegen das Gesamtwirken der Band, so sind 75 Minuten Spielzeit doch fast zu viel. Sicherlich sind 4,37 Minuten je investierten Euro ein überdurchschnittlicher Wert. Aber man muss sich eben doch Zeit dafür lassen und kann es sich nicht mal eben nebenher anhören. Ferner ist der Vergleich zu anderen Bands eher kontraproduktiv für die Bewertung: Denn würde man das hier Gebotene mit irgendwelchen Referenzalben vergleichen, wäre man schnell bei einer Bewertung von etwa 6 von 10. Nur müsste man dann 20 Bands und deren unübertreffliche Alben zitieren, worauf freilich keiner große Lust hat.
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Zugehörige Veröffentlichungen

Album CD + DVD 2009-07-31 2009-07-31
Panic Channel
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