Cure NEW AGE COLLECTIONS Vol. 2
Künstler: Synside, VAJRA, Zig+Zag, Pan-d-ra, BALLAD., Dr. Marmot, Setsuna Shinki., Fake Cradle, boumei shounen, HEAR, -Gures Amur-, Armeria, Ru:natic, Vallquar, Varbarossa, THE COLD MILK und Mr.unknown
Titel: Cure NEW AGE COLLECTIONS Vol. 2
Typ: Omnibus Album
Release: Mai 2010
Stil: Metal, Rock, Pop-Rock, Gothic
Bewertung: 8,1 / 10
Tracklist:
01. Synside - IDEAL UNIVERSE
02. VAJRA - Dope the psycho
03. Zig+Zag - yamai
04. Pan-d-ra - Solitude
05. BALLAD. - umbrella
06. Dr. Marmot - bokura no,
07. Setsuna Shinki. - mayoigo
08. Fake Cradle - dare no tame demo naku...
09. boumei shounen - satoko
10. HEAR - Barcode
11. -Gures Amur- - Ouverture
12. Armeria - halo
13. Ru:natic - kurobarazoku no shoutaijou ~nousei bunreibyou~
14. Vallquar - Genesis of Mythology
15. Varbarossa - Dismay Sherry
16. THE COLD MILK - Prison
17. Mr.unknown - The Other Side Of Hope
Der erste Sampler der NEW AGE COLLECTIONS-Reihe hatte schon mal ordentlich vorgelegt. Die Messlatte liegt also für ein Omnibus-Album nicht gerade niedrig. Kurz also die Ahnungen und Erwartungen, die man bekommt, wenn man die Aufmachung betrachtet: Erstens: 17 Songs ist einer mehr als beim Erstling. Hoffentlich versucht man nicht durch Masse statt Klasse zu überzeugen, andererseits - mehr Musik für gleiches Geld. Zweitens: auf den ersten Blick recht viele poppig-bunte Bands. Muss nach den Erfahrungen des ersten Samplers nicht zwangsläufig auf seichte Musik hinauslaufen. Man darf also recht gespannt sein, ob sich der Großmeister der Indieszene auch diesmal nicht zu oft vergriffen hat.
Synside gehören zu den Unterlingen von KISAKI, die noch nicht allzu lange bei UNDER CODE sind - Vorgeschichte einiger Mitglieder sei dabei ausgeblendet -, weshalb ihr Auftauchen auf dem Sampler kaum überrascht. Und der Anfang lässt leider Böses ahnen. Musikalisch durchaus gelungen verseucht der Gesang die Stimmung mit unpassend wohlgesinnter Attitüde. Die Richtung ist vor allem Dank der eingeworfenen “Growls of Death“ absolut vage. Soll es nun ein unterhaltsamer PopRock-Song oder ein metallisches Stückgut sein? Vor dem Hintergrund des UNDER CODE-Labels klingt der Song so austauschbar wie eine Glühlampe. Die zweite Hälfte ist gelungener, weil einheitlicher. Mittelprächtig! VAJRA machen es da gleich eine Prise eindeutiger. Gutes Riff zu Beginn und schön bleihaltig. Hier ist aber das Problem, dass man sich gleich die Crème de la Crème als Fokus aussucht - DIR EN GREY. Man muss ihnen aber zugute halten: sie machen es nicht schlecht. Schön deftig wird da über das Notenblatt gepflügt und auch die melodische Komponente kommt nicht zu kurz. Vor allem die Growls entschädigen für die etwas spärliche Innovativität.
Zig+Zag graben für ihre Anfangsnoten ziemlich tief in der Vergangenheit herum. Die musikalische Untermalung bewegt sich irgendwo zwischen Matina und Noir fleurir. Dafür gibt sich der Sänger aber redlich Mühe und geht in die Richtung von SEX MACHINEGUNS. Und auch eine kleine Referenz zu Inugami Circus Dan verkneift sich das Quartett nicht. Zugegeben eine etwas wirre Kombination, aber da sie in sich schlüssig ist, bereitet es einem Vergnügen, die Versatzstücke als eine Art Medley zu interpretieren. Pan-d-ra ist eine jener Bands, die rein optisch einen guten Geldgeber hinter sich zu haben scheinen. Entweder bildet man sich das dann auch ein, oder es ist tatsächlich so, dass die Jungs etwas besser abgemischt klingen als die Vielzahl der Indies. Und spätestens beim Gesang fühlt man sich bestätigt. Die Band klingt zu professionell, als dass man ihnen die gerade zweieinhalb Jahre Banderfahrung abkaufen mag. Das schmälert aber nicht die Qualität des Songs. Ein griffiger Refrain, gut durchdachte Strophen und eine makellose Musik. Einzig die Seele fehlt dem Ganzen. Es ist Top-Unterhaltung, aber es berührt kaum.
BALLAD. schmettern wieder mit etwas mehr Verve. Emotionen, die auch Metaller verstehen. Musikalisch sehr simpel, aber voll auf die Zwölf. Da merkt man, wie drei Minuten gewöhnlicher Alltagsware so frisch präsentiert werden können, als hätte man noch nie melodischen Metal gehört. Dürfte Live für gute Stimmung sorgen. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Dr. Marmot hingegen bewerben sich mit ihrem Intro für die Auszeichnung der größten “Neuralsystempenetratoren“. Noisemusikern und jenen, die auf Gameboys Melodien zaubern, stehen die Jungs kaum nach. Die Strophe hat dann ein wenig was von guruguru eigakan mit mehr Melodie. Über allem bleibt aber das leicht technohafte Grundthema, das sehr oft an die Finnen Aavikko und gelegentlich sogar an die französische Band Justice erinnert. Und wenn man sich sehr bemüht, hört man sogar Ähnlichkeiten zu einem Song der russischen Rocker Lyube heraus. Also ein Fest für jeden, der alle drei Bands gerne hört.
Setsuna Shinki. setzen wieder auf schwermütige Riffs und eine Prise Punk. Was einen dann aber völlig vernichtet - im positiven Sinne - ist die eigenwillige Stimme des Sängers. Mit einem leichten Hang zum Industrial sollte man die Band eher dem Gothic zuordnen, was dann auch die Sangart und die eingestreuten Geisterschreie im Hintergrund erklären würde. Was einen dann letztendlich überzeugt, sind paar Nuancen gegen Ende, die an MUCC erinnern. Ein guter Zwischenspurt des Albums, aber _____________ (Vervollständigen Sie bitte den Satz). ... dann kommt Fake Cradle, direkt per Liveschaltung aus dem Märchenland. Locker poppig spielen sie einen Song herunter, der - abgesehen von der Strophe - so schnell vergessen ist wie die Werbung. Ehrlich gesagt könnte es gut sein, dass eben die Art von Song als Opening oder Ending einer TV-Serie verwendet werden könnte. Nicht wirklich schlecht, aber wahrlich kein Highlight. So einen Song bekommt man an jeder Ecke hinterher geworfen.
boumei shounen versuchen sich dann wieder an der härteren Gangart, zumindest stellenweise. Und für den Quatsch, den sie dann mit dem Text abliefern, muss man sie einfach nur loben. Der Barbier von Sevilla stand mit seinem “Largo al factotum” offenbar Pate. Das Lied sucht seinesgleichen, auch wenn einige Riffs aus dem Musikbuch “Richtiger Metal in zwei Stunden“ stammen können. Ähnliche Bands gab es schon öfter, aber der Song ist einfach nur herzhaft sinnlos. HEAR - und das ist eigentlich auch der wahre Name der Band, und nicht die gefühlt 50 Kanji und Kana, die in der Cure angegeben sind - sehen aus wie typische Pop-Rock Vertreter. Mit viel Bling, Rosen und Feenstaub auf ihrem Foto. Und überraschenderweise klingen sie eher nach einer rockigeren Version von Inugami Circus Dan ohne derer ausschweifenden Theatralik. Und auch Rosen und Feenstaub sind dann schnell erklärt - hinterm Mic steht eine Frau. Gut, ein “Barcode“ ist nicht unbedingt ein Vorwand für seichte Unterhaltung. Und mit der Prise Onmyouza - die man gewillt ist hineinzuinterpretieren, um auch nur irgendetwas vergleichbares zu finden - spielt die Band eigentlich in einer anderen Liga. Da macht es auch nichts aus, dass der Song über sechs Minuten dauert, aber nur Ideen für etwa vier Minuten zu bieten hat.
-Gures Amur- klingen genau nach dem, wonach sie aussehen: Gothic. Und dann kommt eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte ist, dass das Duo den Mix von Gothic und Metal gelegentlich etwas aus den Händen verliert. Die gute ist, man wird mit einer großartigen Alt-Sängerin entschädigt und kriegt noch eine Portion Doublebass dazu. Gut, dieses kommt höchstwahrscheinlich aus der Maschine oder im besten Fall von einem Studiomusiker, aber die Idee ist das, was zählt, wenn man keinen Drummer vorzuweisen hat. Als nächstes stehen Armeria an. Laut Auskunft der Cure sind hier einige Phantasmagoria-Roadies am werkeln. Und irgendwie merkt man recht schnell den UNDER CODE-Einfluss in der Musik. Gute Riffs, aber altbekannte Melodieführung. Viele interessante Ideen mit eigentlich optimaler Umsetzung. Und dennoch stört irgendwo im Hinterkopf irgendein Vollpfosten und sagt einem “Schreib Solala!“. Auf die Gefahr hin selbst besagter Vollpfosten zu sein, gehorche ich meinem Gefühl und schreib: “Solala“!
Ru:natic sehen nicht nur aus wie aus den 90ern, sie klingen auch exakt so, wie man es einst von Matina und Co gewohnt war. Musikalisch ist dieser Wirrwarr aus heutiger Sicht im Mittelfeld der zweiten Liga anzusiedeln. Und mit knapp mehr als zwei Minuten Musik ist es auch nicht wirklich geeignet, sich lange in Erinnerung zu halten. So bleibt der Song das, was er ist: Ein Fest für Nostalgiker der “guten alten Zeit“. Die Zeit in der “Scheiße klingen“ zum Alltag gehörte, weil der Großteil der Indies sich nicht sonderlich um Melodieführung et al. gekümmert hat. Die Band hat also definitiv Potenzial, sich eine stabile Fanbase aufzubauen, ohne viel dafür machen zu müssen. Vallquar stehen den Jungs von Ru:natic kaum nach. Klassischer Gothic-Sound mit deutlichen Anleihen aus den 90ern. An und für sich geht es nur schwer, ein einfallsloseres Lied zu schreiben. Und dennoch ist wie bei ihren Vorgängern ein gewisser Charme im Raum, der die entwaffnend scheiße klingende Musik gutheißen lässt. Wenn auch nur für den geneigten Hörer.
Varbarossa - auch so ein klassischer Fall von verunglückter Transkription - reißen einen wieder zurück in die Gegenwart. Deftiger Metal mit melodischen Anflügen. Wenn auch etwas überraschungsarm, überzeugt der Song durch korrekte Geradlinigkeit und ein feines Gitarrensolo. Metaller dürften kaum klagen, während der Rest das Ganze vielleicht eine Spur zu einfach empfinden könnte. THE COLD MILK wirken auf den ersten Blick wie ein weiterer Versuch, dem Platzhirsch DIR EN GREY das Wasser abzugraben. Und der Eindruck täuscht nicht wirklich. Obwohl Ähnlichkeiten spärlich sind, ist die Ausrichtung doch recht eindeutig. Das Schlagzeug leistet Schwerstarbeit, was dem Song das gewisse Etwas gibt. Den Rest besorgen der Sänger und die unterstützenden Vocals. Und zu guter Letzt ist alles noch mit einem feinen Riff garniert. Herz, was willst du mehr? Wobei, bei den Klängen müsste es wohl eher “Nacken, was willst du mehr?“ heißen.
Und dann ist man plötzlich schon am Ende angelangt. Mr.unknown bieten passend noch einen bedeutungsschwangeren Titel, der passend zum Outfit eine Fortführung des Hauptaugenmerks des Albums in Aussicht stellt. Und man wird nicht enttäuscht. Ein düsterer, schwerer Riff sorgt von Beginn an für eine Atmosphäre, die auf dem Album kaum vorzufinden war. Minuspunkte sammelt nur der Sänger, der etwas mit der Situation überfordert scheint. Aber der depressive Riff vernichtet einfach alle Bedenken und reißt einen direkt zu Boden. Es buddelt einem fast schon die Grube aus, damit man noch ein Stück weiter runter gerissen werden kann.
Fazit:
Einige Highlights sind auf dem Album, jedes besser als das andere, weil so unterschiedlich. Im Endeffekt machen es aber Mr.unknown, boumei shounen und Setsuna Shinki. untereinander aus. Die anderen empfohlenen Lieder sind freilich nur knapp dahinter. Was bei einer Quote von elf zu sechs definitiv für den Erwerb des Albums bzw. der Zeitschrift spricht. Die Quote ist so aber auch nicht wirklich korrekt. Zwei Songs sind auf geniale Art und Weise mies genug, um als Trash wieder höchste Ehren zu genießen, dem vierten Song fehlt einfach nur die Seele, ansonsten ist es Top. Und nur drei Songs sind mittlerer Qualität, wobei man auch da bei zwei Songs streiten kann, ob das harte Urteil gerecht ist. Bleiben also nur Fake Cradle, die man sich sparen kann. Mit dieser Quote übertrifft es den Vorgänger, auch wenn hier, wie dort vergleichsweise viele Fehler eingebaut sind. Potenzial haben aber einige Bands durchaus.