Cure NEW AGE COLLECTIONS Vol. 3
Künstler: CHUCKY, NUMBER MOUSE, Seremedy, Dilemma, -the vodka-, KeLLy, AllorNothing, AMÜZA, oraora kozou, Gadeath Symphonia, -DIST-, Quinstet, -toki-, Amber Bullet, D†VA, Ziggrat und ∀NTI FEMINISM
Titel: Cure NEW AGE COLLECTIONS Vol. 3
Typ: Omnibus Album
Release: Juni 2010
Stil: Hardrock, Pop-Rock, Metal
Bewertung: 8,0 / 10
Tracklist:
01. CHUCKY - horror
02. NUMBER MOUSE - KILLER CHAINSAW
03. Seremedy - Bulletproof Roulette
04. Dilemma - BLOODSHED
05. -the vodka- - Chaos 2 ~gun sekishoku no pub [lick]~
06. KeLLy - [xyz]
07. AllorNothing - tsuyogari
08. AMÜZA - Behind Truth
09. oraora kozou - oraora ponpon jankenvoi
10. Gadeath Symphonia - Orgel
11. -DIST- - hyouryuu Adam
12. Quinstet - Dictator
13. -toki- - shinkaigyo to hakuchuumu
14. Amber Bullet - there is the silent bullet under the amber sky
15. D†VA - hai naru slave
16. Ziggrat - kokoro, koko ni arazu.
17. ∀NTI FEMINISM - kyoushintou
Der vorerst letzte Sampler, der einer Cure beigelegt wurde, wurde von einer weiteren VK-Legende zusammengesetzt. KENZI, seines Zeichens Besitzer von Anarchist Records, Schlagzeuger von THE DEAD POP STARS und Sänger der Session-Band ∀NTI FEMINISM, hatte die Macht, seine Favoriten auszusuchen. Im Gegensatz zu KISAKI diktiert hier die Farbe Schwarz das Geschehen. Und auch die Titel der einzelnen Lieder lassen nur selten auf "Happy Happy Joy Joy“-Pop-Rock schließen. Die eine oder andere Kuriosität ist auch an Bord, aber was anderes darf man von dem Mann auch nicht erwarten.
CHUCKY beginnen schon mal sehr ordentlich. Ein deftiger Riff aus der Metaller-Ecke, begleitet von einem Sänger, der mit seiner Kettenraucherstimme überzeugt. Schön einfach, mit einem feinen Gitarrensolo und einem Eimer voll Groove. Genau so, wie man sich einen guten Hardrock-Song vorstellt. Und mit knapp drei Minuten Laufzeit hat er auch noch die optimale Länge. NUMBER MOUSE präsentieren sich auf dem Coverfoto als Comicfiguren, die zahlreiche Punk-Attitüden bedienen. Und dementsprechend legen die auch los. Ziemlich schwammige Gitarre, simples Schlagzeug und ein Gesang, der die letzten Zweifel der Szenenzugehörigkeit beseitigt. Ein toller Song, aber nicht unbedingt herausragend. Punk-Metal ist aber auch ein schwieriges Feld, um unikale Werke zu schaffen.
An dritter Stelle steht die erste Kuriosität des Albums: Seremedy kommen aus Schweden und dürften sich wohl 2007 empfohlen haben, als KENZI durch Europa tourte. Musikalisch erkennt man sehr schnell die skandinavische Prägung, auch wenn es sich vom Melodieverlauf bei japanischen Bands bedient. In sauberem Englisch bekommt man hier ein etwas Emo-lastiges Stück. Schwedischer Visual Kei ist gewöhnungsbedürftig, entschädigt aber mit einem Gitarrensolo. Nicht atemberaubend, weil im Konzept zu einfach, aber durchaus unterhaltsam. Dilemma sind bereits seit 2001 unterwegs und man wundert sich, dass man jetzt erst was von ihnen hört. Brettharter Metal mit einem Hang zum Hardcore und einer Sängerin, die man nicht sofort als Sängerin interpretiert. Das auffälligste Element ist das Schlagzeug, auch wenn die Band eigentlich keinen Drummer hat. Auch der Bassist weiß zu gefallen. Sehr überzeugende Komposition, mit einem kleinen Aha-Effekt gegen Ende.
-the vodka- verdienen schon für den Bandnamen einen Ehrenpreis. Und gemäß ihres Songtitels herrscht erst mal ordentlich Chaos. Ein sehr wirrer Mix aus Riffs und gelegentlichem Irrengeschrei über einer eher am Metal orientierten Instrumentaluntermalung. Seltsam und interessant, vor allem durch den Abspann, der dem ganzen noch mal die Krone aufsetzt. Vielleicht nicht übertrieben genug, um genial zu sein, aber nah dran. KeLLy sollten nicht mit den deutlich bunteren kelli. verwechselt werden. Visuell sehr oldschool versuchen sie auch musikalisch diese Note herüberzubringen. Mit einer Sängerin und einem leichten Hang zum düsteren Hardrock der späten 90er weiß das Lied den Hörer zu überzeugen. Und mit den beiden Saiten-Soli in der Mitte des Songs berauscht es auch die Instrumetalfans. Kleine Mängel finden sich bei der Stimme, die bei hohen Tönen sehr nah an das Urteil "störend“ herankommt. Aber davon gibt es zum Glück nur wenige.
AllorNothing sind zwar keine Kuriosität im eigentlichen Sinne, wirken aber auf dem Album unter den vielen dunklen Bands reichlich deplaziert. Und tatsächlich erwartet einen klassischer Pop-Rock mit dem Fernziel, epochal oder monumental zu sein. Elemente orchestraler Musik fügen sich perfekt in das auf positive Art und Weise größenwahnsinnige Lied ein. Als hätten sie schon längst einen Majorvertrag in der Tasche, hauen die Jungs ein Werk heraus, das so manchem, der tatsächlich Major ist, gut als Single passen würde. AMÜZA präsentieren sich auf ihrem Coverfoto wie eine Sekte und das jungfräuliche Opfer, das gleich für Satans Wohlsinnen auf dem Altar landet. Und die ersten paar Takte bezeugen auch noch die Vermutung, dass es eher Gothic-lastig wird. Die Sängerin reißt mit ihrer zarten Stimme aber kaum mit, weil sie gegen das Stahlgewitter im Hintergrund nicht ankommt. Der Versuch der anderen Mitglieder, dem Ganzen einen Drall zum Death Metal zu geben, ist löblich, weil eher zur musikalischen Untermalung passend. So aber bleibt das fast sechs Minuten lange Lied recht halbgar. Im letzten Drittel passt sich die Musik kurz dem Gesang an und hat hier den besten Teil zu bieten. Ein wenig enttäuschend.
Nun kommt eine echte Kuriosität. Die Band zeigt sich als SD-Manga - Super Deformed; eine Art Karrikatur von sich selbst - und haben auch einen sehr seltsamen Titel im Angebot. Trotz des poppig-bunten "Fotos“ ist die Musik ziemlich hart, auch wenn der Gesang in den Strophen dann genau das ist, was man erwartet hat. Die Jungs können zwar nicht mit den Gewinnern des Awards für "Erotische Behandlung der Zombieleibspeise“ von den beiden Vorgängeralben mithalten, dürften aber auf diesem Sampler diejenigen sein, die dafür in Frage kommen. Ein Grund ist hierbei maßgeblich ausschlaggebend: Die Frage, ob ein Mann oder eine Frau singt und wie der flüssige Übergang stattfindet, ist etwas, dass einen die etwas mehr als zwei Minuten sehr beschäftigt. Am Ende dürfte es ein Sänger mit einer recht hohen Stimme sein, aber es lässt einen trotzdem lange grübeln. Gadeath Symphonia sagen mit ihrem Namen bereits alles. Ein Pianointro mit kleinen, eingeplanten Verspielern bietet den Anfang. Und danach bekommt man überraschend einen Power-Metal Song vor den Latz geknallt. Der Sänger hat eine angenehm auffallende Stimme. Es ist diese Art klassischer "Ich bin Sänger geworden, weil es sonst keiner machen wollte!“. Der Mann kann zwar singen, ist aber weit davon entfernt, ein guter Sänger zu sein. Und das ist das große Plus bei dem Song. Es klingt authentisch. Und wie für Power-Metal üblich bekommt man auch einen interessanten Zwischenspurt mit ein paar Gitarrensoli. Auch wenn der letzte Wille, da ein wenig über die Stränge zu schlagen, abhanden kommt, so überzeugt der Song dennoch wegen des Gesamtkonzepts.
-DIST- gehen eher auf Hardrock mit Death-Metal Elementen. Und auch wenn hier der Sänger offenbar aus dem gleichen Grund das Mikrophon übernommen hat wie sein Vorgänger, hat er einen gewaltigen Nachteil. Durch die eher tiefe Stimme versagt er ziemlich kläglich an hohen Tönen und davon hat die Komposition ein paar zu viele. Klingt zwar wie die späten 90er, aber das reißt es auch nicht heraus. Die Musik ist stimmig und sehr treibend. Aber der Sänger gibt einem den Rest. Zehennägel schon mal abschleifen, bevor man das Lied einschaltet, damit sie keine Gelegenheit bekommen, sich hochzuziehen. Quinstet geben erst mal einen Einstieg irgendwo zwischen Todesgrowls und Hair-Metal der 80er. Und dieser etwas arg krasse Gegensatz grenzt auch das Hörvergnügen ein wenig ein. Die Kombination passt einfach nicht zusammen. Und so überzeugt das Lied nur dann, wenn es lediglich einen der Stile bedient. Sprich, wenn der Sänger mal schweigt. Schade, denn die Grundidee war gut.
-toki- scheinen bei den musikalischen Verantwortlichen der kleineren Indie-Labels hoch im Kurs zu stehen. Dieser Song ist ihre zweite Omnibus-Teilnahme innerhalb eines halben Jahres - die andere war auf "XIII FILE Vol.1“ zu finden. Der Beginn ist vielversprechend mit einem düsteren Grundthema, das dem Sänger die optimale Atmosphäre für dessen tiefen und leicht depressiven Gesang bietet. Da er aber nicht so auffällt, ist es die sehr stimmige Musik, die den Ton angibt. Und wenn die Band für die zweite Hälfte einen Gang hochschaltet, so tut sie das voll im Dienste des Liedes. Was allerdings die letzte Minute auszusagen hat, bleibt fraglich. Das, was geboten wird, hätte eher zu Lareine gepasst, was dann den finalen Gesamteindruck doch wieder etwas reduziert. Amber Bullet beginnen ebenfalls vielversprechend, was aber - wie man an den letzten drei Songs gesehen hat - nicht unbedingt vielsagend ist. Doch hier scheint das Konzept endlich wieder aufzugehen. Der Sänger hat eine tiefe Stimme, die zur Stimmung passt, und auch die Musiker geben ihr Bestes. Gut, es driftet ein wenig stark zu DIR EN GREY ab, aber da die Stimme eigene Nuancen hat, ist der Vergleich zumindest nicht allgegenwärtig. Unaufgeregt und dennoch kraftvoll. Optimale Ausbeute aus dem bereits stark ausgebeuteten Genre.
D†VA klagen um ihren kremierten Sklaven - das sagt alles. Und Dank der Sängerin erinnert man sich an Bands wie HYBRID-ZOMBIES oder Cerberos. Orchestraler Metal ist aber so gesehen ein schwieriges Feld, weil man leicht viele Fehler machen kann. Aber die Gruppe macht ihre Sache gut, auch weil sie auf zu viel Extravaganz verzichtet. Ziggrat haben - wenn man sich ihre Kleidung ansieht - offenbar einen guten Financier im Hintergrund. Was sich auch auf den glatten Gesang ausgewirkt hat. Und auch wenn sämtliche Kanten fehlen, überzeugt das Lied. Gut, der Autor ist leicht gnädig zu stimmen, wenn man ein gutes Gitarrensolo einbaut, wenn der Rest aber auch stimmt, dann ist das ein gutes Zeichen. Hier und da werden noch paar Growls eingeworfen und das Lied noch ein wenig mehr geschliffen. Und doch ist das Endergebnis mit mehr Seele versetzt, wie wenn Band bei UNDER CODE unter Vertrag stünde.
Zum Abschluss gibt sich der König - um den Untertitel aufzugreifen und den Wink auf den letzten Teil der Herr der Ringe-Trilogie zu vervollständigen - mit seinem Megaprojekt noch mal selbst die Ehre. "Die Partei der irren Götter“ - wie man den Songtitel übersetzen kann - ist typischster ∀NTI FEMINISM-Punk. Wild, wirr und wirkungsvoll. Als Wecksong auf dem Handy vielleicht etwas ungeeignet, aber um die letzten Reserven zu mobilisieren genau das Richtige. Hinzu kommt noch, dass man ein Sample einbaute, das durch seine Monotonie auch das letzte noch denkende Gehirn abschaltet und den Körper in einen Zustand versetzt, wo man nur noch den Wunsch verspürt, irgendetwas zu verprügeln. Psycho-Punk, der den Geist zersetzt und einen zum willfährigen Zombie mutieren lässt. Und wenn man dann wieder "zu sich kommt“, merkt man, dass der CD-Player nicht mehr rotiert und auch sonst Stille eingekehrt ist. Ferner stellt man fest, dass man den obig erwähnten Award für "Imperativform einer schlechten Anmache, direkt das informelle Ziel eines Diskothekenbesuches zu vollziehen, die an die Proteinversammlung oberhalb des Halses gerichtet ist“ zu früh verliehen hat.
Fazit:
Man hat etwas mehr erwartet von dem Mann, der um sich eine Reihe von Kaputtniks geschart hat. Und dem wird er ja eigentlich auch gerecht, nur hat er in einigen Fällen ein nicht so glückliches Händchen bewiesen. Positiv hervorzuheben sind die zahlreichen Sängerinnen, die er promotet, und der gesamte Grundton des Albums, der insgesamt ernster wirkt als die ersten beiden Auflagen. Aber es sind halt ein paar Bands dabei, die noch deutlich an sich feilen sollten, bevor sie weiter ihr Tagwerk verrichten. Meistens ist es entweder der Sänger oder aber die Inkompatibilität des Gesungenen zur musikalischen Untermalung. Und letztere ist bei allen siebzehn Stücken sehr gelungen. Bleibt nur noch zu hoffen, dass die Reihe in der Zukunft fortgesetzt wird und noch einige interessante Bands zu Tage fördert. Die Plätze teilen sich bei diesem Sampler Dilemma, AllorNothing und natürlich ∀NTI FEMINISM. Mit einem knappen Punktsieg für AllorNothing.