Künstler: SADS
Titel: THE 7 DEADLY SINS
Typ: Album
Stil: Hard-Rock / Glam-Metal
Veröffentlichung: 07/07/2010 (Japan)
Wertung: 6/10
Tracklist:
1. EVIL
2. GOTHIC CIRCUS
3. MALIBU SUGAR
4. SATAN
5. PAINT YOU
6. VENUS
7. ACME
8. DOWN
9. WEEKEND IN THE LUST
10. SADIST
SADS-Frontmann Kiyoharu war bekanntlich bei gleich zwei legendären JRock-Bands mit an Bord. Bis 1999 legten zunächst die legendären Kuroyume, die mit reichlich Attitüde Gothic-, Punk- und Pop-Sounds vermischten, eine fulminante Laufbahn hin und sicherten sich damit einen Platz unter "den" Visual-Kei-Bands der '90er Jahre. Und kaum hatten die ihr letztes Konzert absolviert, stand Kiyoharu schon mit neuen, handverlesenen Musikern aus seinem engeren Umfeld im Studio und bastelte am Debüt der Nachfolgeband SADS. Die rockten die Hallen bis 2003, wonach der Sänger und Songwriter sich entschloss, solo weiterzumachen. 2010 überraschte er dann seine Fans: gleich beide seiner alten Bands sollten wieder auferstehen.
Schaut und hört man sich Kiyoharus Solo-Output der letzten Jahre so an, fällt vor allem auf, dass seine Releases sehr zahlreich gestreut sind. Nicht weniger als sechs Alben plus Compilations und zahllose Singles sind wirklich eine üppige Bilanz für fünf Jahre. Stilistisch besann sich der Elder Statesman des JRock dabei meist auf kernigere Rock-Sounds, mal mit Einflüssen aus Punk, Garage und Glam, oft aber eher ruhig und gefühlvoll. Etwas anders sah es zugegeben bereits bei seinem letzten Album "madrigal of decadence" und der darauffolgenden Single "LAW'S" aus: Tempo und Gitarren wurden offenbar ganz bewusst wieder hochgedreht, als wollte er sich doch wieder mehr auf seine Wurzeln (und die Fans, die ihn seit oder aufgrund jener Zeiten begleiten) besinnen. Aber kommen wir noch einmal auf das Volumen seiner meist guten, aber nicht immer brillianten Solo-Releases zurück, gekoppelt mit einer Veröffentlichungspolitik, die devoten Fans mitunter abertausende Yen für drei oder vier verschiedene Versionen einer Single abknüpft: ja, auch wenn man sich es als großer Fan nicht immer eingestehen wollte, Kiyoharus Solokarriere hatte manchmal den leichten, aber faden Beigeschmack einer gewissen Selbstzufriedenheit, die im schlimmsten Falle in Richtung Mittelmäßigkeit abdriften könnte.
All das ist natürlich dahinspekuliert, aber sieht man die Wiederauferstehung von SADS durch diese Brille, scheinen sich in "THE 7 DEADLY SINS" irgendwie alle genannten Aspekte aufzureihen: einerseits ein überraschender künstlerischer Schritt abseits des bisherigen Weges, andererseits vielleicht aber auch ein Aufwärmen vergangener musikalischer Genistreiche, das sich beim nostalgischen Wohlgefühl vieler Fans der "alten" SADS bedient. Nein, wir wollen Kiyoharu auf keinen Fall vorwerfen, er würde diese SADS-"Reunion" (mit größtenteils neuen Bandmitgliedern) halbherzig über die Bühne bringen... aber wäre "THE 7 DEADLY SINS" ein geniales Album, würden unsere Zweifel möglicherweise schneller verfliegen als beim vorliegenden Longplayer, der total konsistent ist, aber nicht das hunderprozentige "gewisse Etwas" aufweist.
Doch wie klingt das Ganze überhaupt? Der Song "EVIL", der in der ersten Jahreshälfte zugleich das schallende Preview für das Kommen der neuen SADS war, lässt mach kurzem atmosphärischen Intro keine Zweifel offen, dass hier weder an den erdigeren Sound vom letzten Album "13" noch an den punkigen Garage-Sound der ersten zwei Alben angeknüpft wird, sondern an den harten, unpolierten Sleaze-Metal-Sound auf "THE ROSE GOD GAVE ME", das 2001 erschien und wohl das kompromissloseste oder sogar rundum beste SADS-Album war. Die brachialen Staccato-Gitarren von K-A-Z röhren auf wie eine Präzisionssäge, ein pulsierend-thrashiger Rhythmus wird von Keisuke Kubota und GO hingelegt und Kiyoharus wahnwitziges Vibrato läuft auf Hochtouren - und gewissermaßen bietet der Songtitel damit direkt eine Ein-Wort-Zusammenfassung des gesamten Albums. "GOTHIC CIRCUS" und "MALIBU SUGAR" knüpfen nämlich mit wenig Verzagen direkt an und bietet im Swing- bzw. 6/8-Takt zwei weitere wirklich treibende Rock-Nummern, die sich am ehesten zu härteren amerikanischen Bands à la Papa Roach, Buckcherry oder sogar Hair-Metal-Überlebenden wie Mötley Crüe gesellen könnten.
Doch wer das erste Drittel des Album gehört hat und sich auf weitere krachige Zurschaustellungen von Kiyoharus Songwriting und einer top-eingespielten Band freut, wird zwar durchaus bedient, aber nicht unbedingt mit viel Abwechslungsreichtum belohnt, denn bereits bei "SATAN" und "PAINT YOU" kommen wieder ähnliche Gitarrenriffs, ähnliche Up-Tempo-Drums und ähnlich gebeltete Vocals zum Zuge. Was generell durchaus willkommen wäre, wenn die Songs vielseitiger strukturiert wären und nicht fast ausschließlich auf die Karte "heavy" setzen würden. Denn wirklich catchy Refrains und tolle Melodien - von denen wir wissen, dass Kiyoharu sie eigentlich drauf hat - sind leider etwas dünn verteilt. Oder sagen wir es anders: bei zehn Songs (bzw. elf, wenn man den versteckten Track 15 mitzählt), die allesamt zwar hart und schnell sind, sich aber voneinander teilweise eher wenig abheben, mag man sich trotz des eigentlich ja sehr mitreißenden Stils sporadisch mal wünschen, dieser wäre weniger mitreißend und dafür etwas eingängiger. Das alles soll natürlich nicht heißen, dass das Album nicht rund und selbstbewusst wäre, denn das ist es schon, und wer sich stimmungsmäßig gerade mal etwas richtig Lautes und Böses wünscht, wird sich freuen, "THE 7 DEADLY SINS" durchweg bis zum Anschlag aufdrehen zu können. Aber wenn "ACME" (plus Intro auf dem "versteckten" Track 7) der einzige Song ist, der aus eben dieser Stimmung ausbricht und in diesem Falle sehr erfolgreich etwas düsterer und mysteriöser klingt, bestätigt die Ausnahme offenbar die Regel.
Letztendlich könnte man sich von Kiyoharu also wünschen, er würde doch ein bisschen mehr an seinen Songs feilen, bevor er seinen stattlichen Katalog "schon wieder" mit einem neuen Album erweitert. Denn selbst Weltklasse-Musiker und eine knallig aufpolierte Studioproduktion erheben "THE 7 DEADLY SINS" eben leider nicht in die Gefilde seiner besten Werke - dafür ist leider nicht genug vom besagten "gewissen Etwas" mit drauf. Davon, auch wenn vorschnelle Vergleiche allzu verlockend sind, hatte das klanglich am engsten verwandte SADS-Album "THE ROSE GOD GAVE ME" zum Beispiel weitaus mehr. So bleibt letztendlich der Eindruck eines perfekt inszenierten Hard-Rock-Albums, das zwar frisch klingt und Kiyoharus letzten Werken einen auffallenden Kontrapunkt setzt, allerdings leider nicht so viele Ideen außerhalb einer recht eng abgesteckten Genre-Huldigung bietet.